A Space for the Unbound REVIEW
Jetzt sitze ich hier und denke mir, eigentlich hatte ich andere Erwartungen an das Spiel A Space for the Unbound. Ich bin aber auch selbst Schuld, wenn ich immer und immer wieder Spoiler von mir fernhalte und mein Gehirn rund um Bilder und kurzen Ankündigungstexte eine Geschichte erfindet, die nicht im entferntesten mit der Realität zutun hat. Ist dann das Spiel letztendlich gescheitert oder meine Interpretation? Lasst uns in dieser Frage auf eine Reise gehen, die von meinem Gehirn aus startet, hin zu Zweifeln, Psychologie und Katzen. Ja, Katzen, denn auch diese spielen hier eine Rolle. Sogar mehr, als ich mir vorstellen konnte, doch das sollen die nachfolgenden Zeilen klären.
Die Geschichte einer Prinzessin
Es war eine kalte Nacht. Die südliche Sternenprinzessin war schwach und die Katze machte sich Sorgen. Zeit, auf Wiedersehen zu sagen, diese Welt hinter sich zu lassen. Als letztes Wunder übergebe ich dir mein Abschiedsgeschenk. Die Handfläche der Prinzessin leuchtete hell, das war das Wunder. Unsere Augen waren voller Tränen, bis es zu spät war. Die Katze war alleine. Zurückgelassen. Sie umarmte das Wunder, die Blume. Oh nein! Nein, nein, nein. Was für ein Ende! Was für ein Ende um deine Geschichte.
So unterhalten sich zwei noch unbekannte Charaktere. Sie scheinen Freunde zu sein. Ergriffen von der gemeinsamen Geschichte, die sie sich ausgedacht und zu Papier gebracht haben. Sie können es nicht erwarten, den Rest zu erzählen. Aber auf einmal ist die Inspiration weg und der Kopf ist leer. Also startet unser Abenteuer und wir übernehmen als Spieler die Kontrolle.
Nur etwas frische Luft schnappen
Wir spielen die männliche Figur Atma und gehen mit unserer Freundin Raya auf eine Reise. So wie ich das jetzt schreibe, klingt es nicht besonders aufregend, aber zusammen mit dem Epilog entwickelt dieser Einstieg eine Sogwirkung, der man sich nur schwer entziehen kann. Dabei ist die Grundkonstruktion relativ einfach.
Wir werfen in den Topf. Einen rund 750mb großen Download, entpackt zu liebevoll gestalteter Pixelgrafik mit unkomprimierten Sound, der alles in einen stimmigen Konstrukt aus nicht langweilig werdender Musik und Effekte einhüllt. Die nicht selten vorkommenden Zwischensequenzen bedienen sich der mal gemalt wirkenden, oft realistischen Optik und lassen die gut 8 Stunden Spielzeit wie im Flug vergehen.
Das Spiel lässt euch größtenteils nur eine Wahl. Gehe ich nach links oder nach rechts? Ah! Eine Tür/ein Weg/eine Straße. So geht es per Digi-Pad und einfacher Steuerung auf Entdeckungsreise durch eine Erinnerung an Indonesien in den 90er Jahren. Also, ja. Alles ganz einfach also? Nein. Das Spiel hat eine gewisse Schwere, die auch durch die Story getragen wird. Oder besser gesagt, vor allem durch die Geschichte. Eines wird man sicher nicht so schnell vergessen, A Space for the Unbound.
Eine Traumwelt(en)
Dieses Spiel hat mich mehr als einmal überrascht. Da war zum Beispiel diese Szene im Kino. Raya und Atma sitzen nebeneinander, vorab haben wir als Spieler entschieden welcher Film geschaut wird. Absolut normal. Popcorn in der Mitte. Wir greifen hinein und schauen den Film. Die Szene geht weiter. Greifen ins Popcorn und unsere Hände berühren sich. Okay, das war ein Zufall. Der Film geht weiter, Popcorn, lachen, Film, Popcorn, HAND! Stille. Peinlich berührt, irgendwie. Ich will nicht spoilern, wie der Film endet, aber auch hier wurde ich kalt erwischt.
Der Titel A Space for the Unbound spielt mit euren Erwartungen, brilliert beim Tanz mit euren Neuronen und der Deutungshoheit, was jetzt eigentlich Sache ist. Im Verlauf entfaltet sich immer mehr das eigentliche Spiel. Ihr lernt dazu, könnt kämpfen, Rätsel lösen, Menschen überzeugen. Ihr habt euer Buch, das ziemlich wichtig ist und sogar relevant für die Art der Interaktion, die für Adventures typisch ist. Person oder Objekt anklicken, Aktion wählen und ZACK! Eine andere Welt. Eine Gedankenwelt. Ein Konstrukt. Ja, wie jetzt? Genau. Dieses Spiel führt euch in verschiedene Ebenen und eben auch in die Köpfe anderer, um ihnen zu helfen.
Dann sind da noch diese Katzen
Kuscheln, miauen, schnurren, füttern, streicheln und einen Ort schaffen, an dem sich alle kleinen Tiger wieder wohlfühlen können. Katzen spielen eine außerordentliche Rolle in A Space for the Unbound. Das habe ich vorher nicht erwartet und es hat mich sehr positiv überrascht. Es ist also nicht so, dass ich hier eine rosarote Brille aufhabe, nur weil Katzen wichtig sind. Dennoch, es passt zur Geschichte und gibt einem ein gutes Gefühl.
Das Menü gefällt mir ebenfalls sehr. Sammelobjekte, Inventar, Story und vieles mehr wird einem hier präsentiert. Alles an dem Titel wirkt durchdacht und rund. Wenn ich hier den Kritiker spielen müsste, könnte ich dies nicht. Ich bin kritisch, keine Frage, ich weiß auch genau, was ich will und was zumeist von einem Game erwartet wird. Aber wenn ich mir etwas herauspicken müsste, dann wäre es wahrscheinlich, dass das Spiel sehr einfach ist. Ich hatte nicht das Gefühl, dass mich das stört, aber ich wäre auch der Typ, der einen leichten Modus für Dark Souls begrüßen würde.
Leider ist A Space for the Unbound nicht lokalisiert. Es gibt zwar Untertitel, aber keine in deutscher Sprache, was durchaus schade ist. Hier verschließt man sich, zumindest zum Release, einer großen Gruppe von Leuten, die darauf Wert legen oder darauf angewiesen sind.
Das Gewicht der Geschichte lastet auf uns
Ich habe mich in die Geschichte verliebt. Aber ich habe auch geflucht, weil es so traurig ist. Das Genre heißt “Slice of Life”. Wikipedia sagt: Ein Slice of Life ist ein Ausschnitt aus dem Alltag einer Person oder eines fiktiven Charakters. Für mich war es eines der schönsten Abenteuer, die ich in den letzten Jahren erleben durfte. Nicht so laut, gewiss. Aber mit mehr Tiefe und Substanz als die viel teureren Triple-A-Produktionen.
Entwickler Mojiken hat schon ähnliche Titel produziert. Aber ich habe das Gefühl, dass A Space for the Unbound bisher der Beste seiner Art ist.
Pro & Kontra
- Wunderschöne Pixelgrafik
- Tiefe und berührende Geschichte
- Schöne Musik und Sounds generell
- Katzen!
- Es lohnt sich ggf. erneut zu spielen
- Keine deutschen Untertitel
- Das Spiel ist ziemlich leicht