Attack on Titan Volume 1 REZENSION
Gut Ding will Weile haben – getreu dem Sprichwort mussten Fans und Interessierte ganze drei Jahre warten, bis einer der wichtigsten Anime der letzten Dekaden endlich Kurs auf Deutschland nimmt und dieser Tage endlich in den Händlerregalen steht. Und obwohl die Erstausstrahlung von Attack on Titan im japanischen TV mittlerweile gut drei Jahre zurückliegt, so ist der Hype um das Franchise in Japan und im Westen nahezu ungebrochen. Was die Serie so gut macht und wie sich die deutsche Lokalisation schlägt, erfahrt ihr in unserer Review zur ersten Volume des Hit-Anime.
Eine grausame Welt
Attack on Titan zeichnet ein düsteres Zukunftsbild, in welchem die Menschheit – bzw. das, was von ihr übrig ist – hinter riesigen Mauern lebt. Außerhalb der Mauern ist ein Überleben für sie kaum möglich, denn dort herrschen die Titanen. Diese weisen zwar menschliche Züge auf, kennen aber weder Emotionen noch Gnade. Kommen Menschen ihnen zu nahe, ist dies ihr sicherer Tod.
Der junge Eren Jäger und seine Kindheitsfreunde Mikasa und Armin kennen nur das Leben hinter den Mauern. Von der Welt da draußen kennen sie nichts außer alten Geschichten und Gerüchten, doch gerade Eren treibt der Wille herum den Mauern eines Tages zu entfliehen und mehr über den Rest der Welt zu erfahren. Doch Eren´s Leben und das seiner Freunde ändert sich jäh, als eine Horde Titanen eines Tages die als sicher geltenden Mauern angreift und es tatsächlich schafft, diese zu durchbrechen. Nicht nur Eren´s Mutter, auch viele andere verlieren an diesem schicksalsträchtigen Tag ihr Leben. Eren schwört Rache und beschließt sich deshalb dem Militär beizutreten, um Jagd auf die Titanen machen zu können…
Schlag auf Schlag
Die Zusammenfassung schildert gerade einmal die Geschehnisse der ersten zwei Folgen der mit 25 Episoden ausgestatteten ersten Staffel von Attack on Titan. Dies dürfte bereits erahnen lassen, dass wir es hier mit einem Anime zu tun haben, der inhaltlich sehr breit aufgestellt ist. Gerade zu Beginn kann man aber noch leicht dem Eindruck verfallen, dass die Macher sehr viel Inhalt in möglichst kurze Zeit packen wollten und darunter letztlich Storytelling und Charakterentwicklung leiden. Tatsächlich geht die Etablierung der zentralen Figuren und der Welt sehr schnell vonstatten, trotzdem ist die Zeichnung der Figuren, ihre Motivation aber auch die allgemeine Narration sehr darauf bedacht genügend Raum für Entwicklungen und die richtigen Nuancen zu schaffen.
Dies zeigt sich bereits in den ersten sieben Folgen, die sich auf der von KAZÉ veröffentlichten Volume 1 befinden. Ein Grund für den immensen Erfolg des Anime dürfte sicherlich die Tatsache sein, das Attack on Titan gerade zu Beginn in die Vollen geht und mit viel Action und Krawall daherkommt und so für genügend Kurzweil sorgt. So toll und brachial die Action auch daherkommt, so sollte man aber nicht außer Acht lassen, das der Anime eben sehr viel mehr kann, als toll choreografierte Actionszenen vom Stapel zu lassen.
Die Mischung macht´s
Es ist nämlich nicht zuletzt das eigensinnige Setting, das in meinen Augen zum großen Erfolg des Franchise beigetragen hat. Zwar befinden wir uns in einer Welt „in 2000 Jahren“. Allerdings werden keine klassischen Zukunftsszenarien skizziert, stattdessen erinnert die Welt von Attack on Titan an das europäische Mittelalter, in welchen diverse technische Entwicklungen Einzug gehalten haben. Dinge wie Computer und Elektronik scheinen hingegen vergessen, stattdessen wurde eine Abkehr von demokratischen Werten hin zu einer feudalistisch und streng nach Klassen unterscheidenden Gesellschaft unternommen.
Sehr deutlich wird dies durch den letzten Hort der Menschheit gemacht, welcher von drei großen Mauern umgeben ist. Während im Kern der Adel und wichtige Politiker und Militärs leben, so hausen in den Gebieten der anderen Mauern Bauern, Kaufleute, Soldaten etc. Neben dieser sehr bildlichen Verdeutlichung besitzt der Anime aber noch andere gesellschaftskritische Tendenzen, gerade auch im Bezug auf eine Verherrlichung militärischer Mittel.
Steht dem Original in fast nichts nachgelassen
Viele, die an dem Anime interessiert sind, dürften Attack on Titan mittlerweile schon über diverse Kanäle gesehen haben. Warum sich als Fan also die deutsche Veröffentlichung zulegen? Dafür gibt es verschiedene Gründe, einer der in meinen Augen ausschlaggebendsten ist nicht zuletzt – man höre und staune – die deutsche Lokalisation. Nur um es gleich vorwegzunehmen: das japanische Original ist wie so oft weitaus energischer und irgendwie cooler, als die deutsche Sprachfassung. Allerdings sollte nicht vergessen werden, dass Synchronarbeiten in Japan einen vollkommen anderen Stellenwert und Professionalitätsgrad haben, als bei uns.
Umso erfreuter war ich, wie gut die einzelnen Sprecher und die gesamte Performance des hiesigen Sprechercasts geworden ist. Hier und da fehlt es mir zwar noch etwas an der richtigen Emotionalität, allerdings betrifft dies aktuell eher Nebenfiguren, wo man kleinere Aussetzer noch eher verkraften kann. Dafür ist der Hauptcast sehr gut ausgewählt und liefert eine gute bis sogar fantastische Arbeit ab. Wer aus welchen Gründen auch immer nichts mit der deutschen Lokalisation anfangen kann, der hat wie von KAZÉ gewohnt die Möglichkeit den Anime auch mit japanischer Tonspur und separaten Untertiteln zu gucken.
Auch bei den Extras und der Gestaltung der ersten Volume hat sich KAZÉ redlich Mühe gegeben. Auf der Blu-ray selber finden sich neben Trailern und Mini-Episoden zwar keine weiteren Extras. Dafür kommt Volume 1 in einem sehr schicken Sammelschuber daher, der genügend Platz für die nachfolgenden Editionen bietet. Als Extras liegen dem Paket außerdem ein sehr schön gemachtes Booklet, ein Poster, ein Lesezeichen und ein Aufnäher bei.
Fazit
Nun hat mit Attack on Titan einer der wichtigsten Anime der letzten Jahre endlich auch Deutschland erreicht. Obwohl ich den Anime schon vor geraumer zeit im Original gesehen habe, so hat er mich bei der erneuten Sichtung ähnlich gefesselt, wie beim ersten Mal, auch wenn die Euphorie von damals etwas nachgelassen hat. Das kann man aber nicht der allgemeinen Qualität der Serie ankreiden und vor allem nicht der wirklich sehr gelungenen deutschen Lokalisation, sondern vielmehr den Umstand, das mir die Geschichte und ihr weiterer Verlauf mit einigen Twists bereits bekannt ist. Wie gesagt, ist dies aber kein wirklicher Kritikpunkt, sondern ein subjektives Empfinden. Denn Fakt ist, dass Attack on Titan auch drei Jahre nach seiner Erstausstrahlung im japanischen Fernsehen nichts von seiner Faszination eingebüßt hat. Die Figuren sind interessant skizziert, das Universum eigensinnig und spannend und in Sachen Pacing und gekonnten Wendungen macht den Machern ebenfalls kaum jemand etwas vor.