Xak: The Art of Visual Stage REVIEW
Der große Erfolg der ersten Ys-Spiele hat, wenig überraschend, einige Nachahmer nach sich gezogen, welche ihren Teil vom Erfolgskuchen des quirligen Action-RPGs abhaben wollten. Ein besonders dreister Ys-Klon ist Micro Cabins „Xak: The Art of Visual Stage.“ Das Spiel erschien im Juni 1989 für den japanischen Heimcomputer NEC PC-8801, womit es in direkter Konkurrenz mit der Ys-Serie stand, die ja 2 Jahre zuvor auf dem selben System ihre Geburtsstunde feierte.
Aber die Leute wollten halt mehr Spiele dieser Art zocken, und die Tatsache, dass Xak erfolgreich genug war, um zwischen den Jahren 1989 und 1994 insgesamt sechs Spiele hervorzubringen (Spin-offs mit eingerechnet), spricht Bände. Allerdings hat es nie ein Teil der Reihe aus Japan herausgeschafft, was in erster Linie darin begründet liegt, dass die meisten Spiele lediglich auf japanischen Heimcomputern veröffentlicht wurden. Im Februar 1993 hat es dank Sunsoft und Tokai Engineering aber zumindest für den ersten Teil eine Portierung auf dem Super Famicom gegeben. Besagte Portierung blieb zwar ebenfalls Japan-Exklusiv, allerdings hat die Fantranslation-Gruppe Dynamic Designs am 01. Januar 2017 einen Englisch-Patch für das Spiel herausgebracht, womit man es endlich in der Weltsprache zocken kann. Witzigerweise basiert diese Übersetzung übrigens auf einer französischen Fantranslation.
Ob ein Spiel, welches streng genommen ja nur ein recht witzloser Ys-Klon ist, diesen Aufwand jedoch wirklich wert war, soll folgendes Review aufzeigen.
Ein böser Dämon wird befreit und ein jugendlicher Schwertkämpfer muss ihn beseitigen – wie originell
Tja nun, eigentlich sagt die Überschrift bereits alles, was man zur Handlung wissen muss. Im Intro beobachten wir, wie ein Kuttenmann mithilfe seiner magischen Kräfte einen Gletscher sprengt. Besagter Gletscher diente als Gefängnis für den bösartigen Dämon Badou. Dieser wurde vor 250 Jahren vom Kriegsgott Duel eingekerkert. Letzterer hat sich nach seiner Heldentat im Dörfchen „Fearless“ niedergelassen, eine Familie gegründet und ist letztendlich verstorben. Jetzt wo Badou wieder frei ist, entsendet der Dämonenlord seine Monster und Schergen ins Königreich Wavis, um Terror und Schrecken zu verbreiten. Der König von Wavis findet diese Entwicklungen nicht so prickelnd und schickt die kleine Fee Pixie nach Fearless, damit sie einen gewissen „Dork“ rekrutiert. Dork ist ein Nachfahre von Duel und verfügt somit über halbgöttliche Fähigkeiten, die es ihm ermöglichen sollen Badou zu bezwingen. Dummerweise gibt es da einen kleinen Haken an der Sache: Dork ist vor einigen Monaten zu einer Reise aufgebrochen und hat seine blinde Ehefrau, sowie seinen halbstarken Sohnemann Latok alleine zurückgelassen. Latok, der darauf brennt endlich eigene Abenteuer zu erleben, erklärt sich natürlich sofort dazu bereit für seinen Vater einzuspringen, um dem blöden Dämonen die Hörner zu stutzen.
Tjoa, und mehr gibt es dazu auch nicht zu sagen. Sicherlich begegnet Latok im Verlauf seiner Reise einigen Leuten, die ihm mal mehr und mal weniger freundlich gesonnen sind, und somit auch einen Cast von Charakteren etablieren, welcher in den Fortsetzungen und Spin-offs wiederverwertet wird. Wer hätte zum Beispiel gedacht, dass das blauhaarige Mädel, welches im Frühstadium des Spiels mal kurz als Maid in Not herhalten muss, die Protagonistin der Spin-off-Serie werden würde? Ich jedenfalls nicht. Als einzelnes Spiel betrachtet, ist Xak jedoch reichlich oberflächlich und generisch. Die Fantasywelt in derer das Spiel stattfindet wird hier nicht näher beleuchtet, das geschieht erst im zweiten Teil. Und auch die Charaktere weisen hier noch keinerlei Tiefgang auf. Das mag sich in den Fortsetzungen ändern, aber der erste Teil von Xak muss eben erst einmal auf eigenen Beinen stehen. Und das, was sich da auf den Beinen hält ist nunmal erschreckend oberflächlich und relativ langweilig. Der spezielle „Sense of Wonder“ eines Ys-Spiels will sich hier jedenfalls nicht einstellen.
Ein gesichtsloser Klon mit harter Einstiegsphase
Solange noch kein Speicherstand angelegt wurde, wird man vom Titelbildschirm aus direkt ins Spiel geschmissen. Es werden drei Speicherslots angeboten, und fortschrittlicherweise erlaubt das Spiel sogar die freie Speicherung an jedem x-beliebigen Ort. Lediglich innerhalb von Bosskämpfen, sowie einer bestimmten Spielpassage gegen Ende, ist dies nicht erlaubt. Natürlich sollte man schon aufpassen wo man speichert, ansonsten könnte man sich im Extremfall in eine dauerhafte Sackgasse bugsieren. Gesunder Menschenverstand ist beim speichern jedenfalls vom Vorteil.
Das ca. 8-9 Stunden andauernde Abenteuer wird Genre-typisch aus der Vogelperspektive dargestellt und startet gemütlich im Heimatdorf des Protagonisten, wo man erst einmal einige Labereien abwickeln muss, bevor man in die Wildnis herausgelassen wird. In der Wildnis angekommen dürfte man dann auch erst mal abkratzen, denn als kleiner Level 1-Pimpf mit schwächster Ausrüstung (sofern man überhaupt so gescheit war sich die Ausrüstung zu kaufen und anzulegen), hat man schlechte Karten gegen die Schleimblobs und Skelette, die sich im ersten Wildnis-Screen herumtreiben. Anders als bei Ys, bekommt man hier einen Angriffs-Button für einen Schwerthieb, mit dem man sich die Gegner möglichst ohne Körperkontakt vom Hals halten soll. Der richtige Abstand, sowie der passende Winkel zum Gegner, bevor man den Schwerthieb durchführt, ist dabei der Schlüssel zum Sieg. Theoretisch gibt es zwar auch in Xak die Schubs-Mechanik aus Ys, allerdings wird diese hier defensiv und nicht offensiv verwendet. Bei frontalem Körperkontakt aktiviert sich meistens der ausgerüstete Schild, was bedeutet, dass der Angriff abgeblockt wird. Das klappt freilich nicht immer, so dass man sich bei ebenbürtigen oder mächtigeren Gegnern keineswegs auf diese automatische Defensive verlassen sollte. Und ja, auch die Gegner profitieren von dieser Mechanik. Sollte man jedoch als überlevelte Killermaschine gegen schwächliche Monster anrempeln, dann werden diese sehr wohl totgeschubst, während man selbst ohne jeglichen Schaden davonkommt.
Da stecken also durchaus einige ausgeklügelte Mechaniken hinten den flotten Echtzeit-Gefechten, auch wenn sie auf den ersten Blick recht simpel und stupide anmuten mögen. Stupide werden die Kämpfe aber nur, wenn man sich hochgegrindet hat, und schwächere Gegner verprügelt. Bis man an diesen Punkt angelangt, ist man jedoch ein leichtes Opfer für die Monster des ersten Wildnis-Areals und wird mehrere Tode sterben, ehe man die richtige Herangehensweise verinnerlicht hat. Diese Anfangsphase ist sogar derart frustrierend, dass viele Spieler Xak als Müll abkanzeln werden und frühzeitig wieder beiseite legen. Ich kann es ihnen nicht verübeln, denn ich selbst hatte ebenfalls diesen Impuls.
Aber sobald man herausfindet, dass Xak eine Selbstregeneration der Lebensenergie bietet, wird es bedeutend einfacher. Einfach ruhig stehen bleiben und warten, bis der Heilbalken wieder aufgeladen ist (so etwas wie Hotels gibt es übrigens nicht). Und sobald man den ersten Level-Up errungen hat, hat man auch endlich das Schlimmste hinter sich gebracht. Allerdings wird einem das Grinding fast das gesamte Spiel über begleiten. Wer Xak: The Art of Visual Stage durchspielen möchte, muss nämlich wohl oder übel den Level-Cap von Stufe 25 erlangen, da man leistungsfähigere Ausrüstungsstücke nur ab bestimmten Levelstufen anlegen darf. Und ein bestimmter, zwingend erforderlicher Ausrüstungsgegenstand erfordert eben Level 25.
Also sollte man fleißig Monster verkloppen, um Exp für Level-Ups und Geld für stärkere Ausrüstung zu verdienen. Fast jeder neue Bildschirm in Xak wirft euch neue Gegnertypen entgegen, welche zwar oftmals stärker sind als die vorherigen, aber dafür auch nahezu identische K.I.-Muster abwickeln. Durch die Stärke der Monster wird der Spieler auch indirekt in die richtige Richtung gelenkt, denn auch wenn die Spielwelt sehr übersichtlich ausfällt und sogar in zwei Kapitel gesplittet wurde, gibt es durchaus einige Abzweigungen in der ersten Spielhälfte.
Zur Auflockerung bieten die Dungeon-Abschnitte im Spiel auch mal kleinere Puzzle oder Adventure-Aufgaben. Und zumindest das finale Puzzle kurz vorm letzten Bossgegner, ist durchaus nett gemacht. Man ging sogar so weit eine kurze vertikal-scrollende Shoot’em Up-Passage gegen Ende des Spiels einzubauen. Freut euch aber nicht zu früh, denn dieser Spielabschnitt wirkt sehr rudimentär und der dortige Bosskampf ist äußerst nervig. Trotzdem eine nette Idee, die dabei hilft das Spiel zumindest ein klein wenig vom großen Bruder Ys abzugrenzen.
Tatsächlich sind die frappierenden Ähnlichkeiten zu Ys der größte Schwachpunkt von Xak: The Art of Visual Stage. Das fängt schon beim Namen „Xak“ an, wo man einfach den exotischen Klang von „Ys“ emulieren wollte, geht beim Protagonisten weiter, der wie eine blauhaarige Version von Adol Christin aussieht und hört erst beim Item- und Ausrüstungsmanaging auf, welches 1 zu 1 aus Ys übernommen wurde. Verdammt, Xak geht sogar so weit einen Turm-Dungeon reinzuklatschen, welcher auch der umfangreichste im Spiel ist. Da hat man sich eindeutig vom Darm-Tower inspirieren lassen.
Alleinstellungsmerkmale sind schwer auszumachen. Interessant ist zum Beispiel, dass untote Monster immun gegen die eigenen Angriffe sind und extrem viel Schaden verursachen. Dies muss man ausgleichen, indem man seine aktuelle Ausrüstung im Magierladen gegen Bezahlung segnet. Dann gibt es noch einige böse Überraschungen wie jenes Event, in dem man hinterrücks ermordet wird, wenn man die falsche Entscheidung trifft. Das hatte mich eiskalt erwischt. Derlei Dinge sind jedoch kleine Ausnahmen. Im Großen und Ganzen ist Xak: The Art of Visual Stage nun einmal eine ziemlich dreiste Kopie. Spaß machts trotzdem, aber Kreativ ist was anderes.
Grafik und Sound
Grafisch gesehen ist Xak: The Art of Visual Stage ein zweischneidiges Schwert. Für ein SFC-Action-RPG, welches Anfang 1993 erschien, sieht es schon recht gut aus. Der Titel hatte halt auch das Glück gehabt noch mehrere Monate vor Grafikwundern wie Secret of Mana oder Illusion of Time zu erscheinen, womit ein Vergleich mit eben genannten Titeln nicht angebracht ist. Nichtsdestotrotz langweilt Xak mit den wohl unspektakulärsten Locations, die man sich vorstellen kann. Dorf, Wiese, Wald, Höhle, Tempel, Turm … Egal wo man sich herumtreibt, die Ortschaften erwecken stets den Eindruck, als hätten die Grafiker krampfhaft versucht die wohl langweiligsten Settings der SFC-RPG-Geschichte abzuarbeiten, und eben diese so unspektakulär wie möglich zu gestalten. Was zum Teufel haben die sich dabei gedacht!?
Die Ehrenrettung kommt jedoch in Form netter Anime-Portraits für die wichtigeren Nebencharaktere und NPCs. Hier hat man sich in vereinzelten Fällen sogar die Mühe gemacht variable Portrait-Zeichnungen für die Charaktere zu entwerfen. Auch im Intro und Outro gibt’s einige nette Bildchen im Anime-Stil zu erspähen. Jedoch gibt es auch hier einen dicken Makel. Die Dialogsequenzen mit wichtigen NPCs finden nämlich immer vor einem Blackscreen statt. Man glotzt also quasi auf eine Textbox mit hübschen Anime-Portrait, welche vor einem schwarzen Screen dargestellt wird – ich bin mir ziemlich sicher, dass hier wunderschöne Artworkzeichnungen bei der Portierung vom NEC PC-8801 verloren gegangen sind. Pompöse Artworkzeichnungen waren nämlich das Markenzeichen vom NEC PC-8801. Dummerweise waren die Entwickler von Tokai Engineering wohl nicht in der Lage eben diese auf die SFC-Version zu übertragen, und sei es auch in einer simplifizierten Version.
Über den Soundtrack habe ich hingegen nicht so viel zu sagen. Es handelt sich um einen kompetenten und schwungvollen Fantasy-OST, der versucht an den Charme der Ys-Melodien zu kratzen. Er unterstützt das Spielgeschehen ohne zu nerven oder gar zu stören, und einige Melodien können sogar ganz launig sein. Aber dann kommt der Zeitpunkt, wenn man die Konsole wieder ausschaltet, und das ist genau der Zeitpunkt, an dem man den OST von Xak sofort wieder vergisst und keinen weiteren Gedanken an ihn verschwendet. Das heißt nicht, dass der OST schlecht wäre, aber er ist nun einmal hochgradig vergessenswert.
Die Soundeffekte sind dafür recht clever und dienen auch als akustische Indikatoren im Kampf (etwa um die automatisierten Blockmanöver zu kennzeichnen).
Pro & Kontra
- gewohnt flottes Gameplay im Ys-Stil
- gute Spielbarkeit, die Spielfigur lässt sich hier auch diagonal bewegen (das kannYs IV nicht bieten)
- gibt einige coole Ideen (Shmup-Passage, ein paar nette Rätseleinlagen, besonders fiese Fallen)
- solider Soundtrack und Grafik mit Anime-Flair
- sehr dreister Ys-Klon
- die sehr schwere und zähe Einstiegsphase könnte viele Spieler vergraulen
- die eigentlich solide Grafik wird durch langweilige Locations und deren unspektakuläre Gestaltung nach unten gezogen