NG REVIEW

Rund ein Jahr nach der hiesigen Veröffentlichung von Death Mark, legt Entwickler Experience Inc. jetzt bereits den Nachfolger und somit zweiten Teil der Spirit Hunter Reihe vor. Dieser hört auf den für westliche Ohren seltsamen Namen NG, wobei es sich um eine Abkürzung für den im japanischen Sprachgebrauch verwendeten Ausspruch „No good“ handelt, welcher als Gegenteil von „okay“ verwendet wird. Und keineswegs in Ordnung ist so einiges in der spielbaren Horror-Novele, denn erneut muss man sich mit allerhand urbanen Legenden, Geistern und Dämonen herumschlagen.

The End of Normal


NG ist – abgesehen von einigen Anspielungen – von seinem Vorgänger losgelöst, entsprechend gibt es nicht nur eine neue Geschichte, sondern auch einen komplett neuen Cast. Protagonist ist der Highschool-Schüler Akira Kijima, der zwar als Delinquent berüchtigt ist, aber das Herz eigentlich am rechten Fleck hat. Insbesondere für seine kleine Nichte Ami ist er so etwas wie ein Bruder und Vorbild. Als Ami eines Tages spurlos verschwindet und ein seltsames Mädchen in traditionellen Gewändern auftaucht und Akira zu einem „Todesspiel“ nötigt, sieht dieser sich urplötzlich mit Geistern und anderen Wesen aus urbanen Legenden und der Folklore konfrontiert. Gemeinsam mit alten und neuen Freunden geht Akira den Spuren der Geister und Dämonen nach und macht dabei Bekanntschaft allerlei Grauen.

In nahezu allen Belangen schließt NG an Death Mark an und in nahezu allen Belangen ist es das kompetentere und wesentlich ausgereiftere Gesamtpaket. Lebte der Vorgänger vor allem von der gruseligen Atmosphäre und weniger von einer durchgehend spannenden Erzählung, so funktioniert der zweite Teil von Experience´s Horror-Reihe auch in Hinblick auf die erzählte Geschichte. Diese nimmt zwar wesentlich langsamer Fahrt auf, investiert die Zeit aber sinnvoll in die Etablierung und Charakterisierung der verschiedenen Figuren, mit dem Resultat, das ich mich in die einzelnen Schicksale investiert fühlte. Spannend: einige der Nebenfiguren können im Zuge falscher Entscheidungen im Spielverlauf sterben, ein Kniff, der auch schon bei Death Mark angewendet wurde, hier aufgrund der wesentlich besser aufgebauten Figuren aber erst richtig zündet, sodass die Tode von lieb gewonnenen Figuren mich mit einem wehmütigen Gefühl mitgenommen haben.

Keine freie Fahrt für gute Enden


Das einzige Problem an diesem Kunstgriff sind die an ihn gebundenen Bedingungen. Denn ob eine Figur stirbt oder nicht, ist abhängig von einer einzigen Aktion, die man innerhalb eines Kapitels trifft. So muss man am Ende eines jeden Kapitels in einer Art Bosskampf gegen das jeweilige Hauptmonster antreten und dieses mit zuvor gesammelten Items „bekämpfen“. In der Regel macht man dies mit Gegenständen, die im vorherigen menschlichen Leben des Dämonen eine besondere Bedeutung hatten, wobei der finale Sieg letztlich auf die Verwendung eines Schlüsselgegenstandes hinausläuft. Tatsächlich gibt es aber stets zwei Items, die zum Sieg führen, jedoch in einem guten (die Nebenfigur überlebt) oder in einem schlechten Ende (die Nebenfigur stirbt) resultieren.

Das Auffinden des für das gute Ende nötigen Gegenstandes ist aber nur dann machbar, wenn man die sich im Laufe der recht umfangreichen Kapitel wiederholenden Bildschirme ständig aufs neue untersucht, obwohl man dies zuvor bereits gemacht hat, oder wenn man auf einen Walkthrough zurückgreift und weiß wann man wo und wann das Item findet. Dadurch wird weniger Anreiz für das Erreichen der guten Enden geschaffen, als vielmehr Frust über die willkürlich wirkende Singbedingung. Immerhin werden beide Ausgänge eines Kapitels stimmig in die Rahmenhandlung eingeflochten. Ebenfalls positiv: die arg sexualisierten Todesszenen weiblicher Figuren in Death Mark, wurden in NG spürbar zurückgefahren. Zwar sind die Gewaltspitzen gegen weibliche Figuren nach wie vor nicht vollkommen von Sexualisierung befreit, wirken hier aber nicht mehr ganz so arg wie bizarrer Fanservice.

Inszenatorisch und in Hinblick auf die Ästhetik sind übrigens nicht nur die Todesszenen stimmig umgesetzt, denn das gesamte Spiel sieht stellenweise hervorragend gut aus und begeistert mit einem eigenwilligen Stil sowie hervorstechenden Details. Vor allem das Horrorthema wird exzellent umgesetzt. Egal ob es die düsteren Seitenstraßen Tokyos sind, ein Park bei Nacht oder die grausigen Erscheinungen, die sich aus der japanischen Folklore speisen – nahezu jede Szene von NG ist ein Hingucker. Beim Soundtrack bedient man sich hingegen an einer bunten Mischung aus mal gruseligen Klängen, mal im lockeren Jazz verorteten Stücken.

Point & Click Lite


Neben dem prominenten Visual Novel Part, der stellenweise leider unter der etwas schwammigen Übersetzung vom Japanischen ins Englische leidet, knobelt man sich in bester Point & Click Manier durch verschiedene Areale und bewegt sich durch diese wie in einem Dungeon Crawler. Man sucht die einzelnen Bildschirme nach bestimmten Gegenständen und Hinweisen ab, wobei diese stets aufblinken. Viele der gefundenen Gegenstände vermitteln ein bisschen Background zu den jeweiligen Fällen, manche Items muss man aber auch aktiv benutzen, um beispielsweise ein Schloss aufzubrechen. Für Panik sorgen hingegen mit einem knappen Zeitfenster ausgestattete Entscheidungsmomente, in denen man meist die richtige Lösung für die entsprechende Situation finden muss. Das wirkt mitunter auch etwas willkürlich und endet schnell im Bildschirmtod, da die automatischen Speicherpunkte aber meist direkt vor diesen Punkten gesetzt sind und man sich mittels Vorspurtaste schnell durch die bereits gelesenen Dialoge klicken kann, bleibt der Frust aber gering. In den Kämpfen hat man hingegen unendlich viel Zeit und kann stets auf zuvor gesammelte Informationen zurückgreifen, bevor man eine Aktion ausführt.

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Pro
  • spannende Geschichte
  • schaurige Atmosphäre
  • audiovisuell fantastisch

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Kontra
  • teilweise willkürlich wirkende Bedingungen für das gute Ende
  • holprige Übersetzung

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Pro & Kontra

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Pro
  • spannende Geschichte
  • schaurige Atmosphäre
  • audiovisuell fantastisch

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Kontra
  • teilweise willkürlich wirkende Bedingungen für das gute Ende
  • holprige Übersetzung

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Spiel Bewertung
Singleplayer
79
79
Okay
-
Multiplayer

FAZIT

NG macht in jeder Hinsicht alles besser und richtiger als der Vorgänger. Die Geschichte ist wesentlich spannender erzählt, die Figuren sind nahbarer, ihre Schicksale mitreißender. Auch das Gameplay wirkt wesentlich auf seine eigentlichen Stärken fokussiert, auch wenn die Willkürlichkeit bei den Kämpfen mitunter nerven kann. Auch die mitunter holprige Übersetzung sorgt für unnötige Stolpersteine, was dem guten Gesamteindruck aber letztlich nicht allzu sehr schadet. Somit ist NG eine lohnenswerte Visual Novel für Horrorfans, die sich den schaurigen Oktober mit einem atmosphärischen Spiel versüßen möchten.

- Von  Adrian

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