Live A Live REVIEW

Die 16-Bit Ära war eine der prägendsten Zeiten für das Genre der japanischen Rollenspiele. Vor allem das Super Nintendo gilt vielen als Hort unzähliger Klassiker. Final Fantasy, Dragon Quest, Breath of Fire, Earthbound, Secret of Mana, Chrono Trigger – ich könnte die Liste noch um viele weitere Spiele fortsetzen. Und obwohl viele der großen und kleinen Perlen des Genres ihren Weg auch nach Europa und Nordamerika gefunden haben, so gibt es tatsächlich Dutzende Spiele, die nie in westliche Territorien veröffentlicht wurden. Eines dieser Spiele ist auch Live A Live, welches manchen als Heiliger Gral der 16-Bit JPRG-Zeit gilt. Das 1994 von Squaresoft veröffentlichte Rollenspiel ist in der Tat sowohl in spielerischer wie historischer Hinsicht ein spannendes Werk – und bekommt jetzt ein vollwertiges Remake für Nintendo Switch und PC. Ein Grund zur Freude? Jawohl!

Wunderschönes Remake


Square Enix legt das Spiel im sogenannten 2D-HD-Stil neu auf. In den vergangenen Jahren hat das Unternehmen bereits ein paar neue Spiele in diesem Stil veröffentlicht, der wunderschöne Pixelart mit einer scharfen HD-Optik versieht, darunter etwa Octopath Traveler. Nun nutzt man den Ansatz erstmals für ein Remake und sucht sich mit Live A Live ausgerechnet eines jener Spiele aus, an dessen Lokalisation wohl niemand mehr geglaubt hat. Um es gleich vorwegzunehmen: als Remake ist das Spiel über jeden Zweifel erhaben. Das schon seinerzeit visuell nicht allzu spektakuläre Spiel wurde auf Basis der Unreal Engine 4 wunderschön neu aufgezogen und erstrahlt in knackigen Farben, tollen Sprites und erhält dank einer Vielzahl an Effekten eine im ursprünglichen Spiel nicht realisierbare Dynamik.

Abwechslung ist Trumpf


Vor allem durch die acht komplett unterschiedlichen Settings ist sowohl in audiovisueller wie auch in spielerischer Hinsicht für viel Abwechslung gesorgt. Startet man das Spiel, hat man die Möglichkeit zwischen zunächst sieben Szenarien (ein achtes wird freigeschaltet, wenn man alle sieben Startkapitel durchgespielt hat). Jedes Setting ist komplett eigenständig und deckt eine Ära der Menschheitsgeschichte ab, darunter die Urzeit, das feudale China, die Gegenwart, den Wilden Westen oder auch die ferne Zukunft. Welchen Abschnitt man in welcher Reihenfolge angeht, ist einem komplett selbst überlassen. Auch kann man das aktuelle Szenario abspeichern und sich einem anderen Setting widmen und später wieder zum Spielstand zurückkehren.

Das Besondere sind aber gar nicht mal die unterschiedlichen Kapitel, die allesamt eine eigenständige Geschichte mit eigenständigen Figuren und unterschiedlichen Spielzeiten (meist irgendwo zwischen einer bis drei Stunden) aufweisen. Der eigentliche Clou sind nämlich die in jedem Abschnitt unterschiedlichen Gimmicks. Im Wilden Westen hilft man etwa einer kleinen Stadt und ihren Bewohnern, die sich für den Angriff von Banditen wappnet. In der fernen Zukunft ist man als Roboter unterwegs und erlebt eine fast schon an den Horrorklassiker Alien erinnernde Sci-Fi-Geschichte, die nahezu komplett ohne Kämpfe auskommt und sich stattdessen auf die Erzählung sowie kleinere Rätsel fokussiert. In der Gegenwart will die Hauptfigur zum besten Kämpfer der Welt aufsteigen und stellt sich einer Gruppe Rivalen. Aufgezogen ist das Ganze wie ein Fighting-Game a la Street Fighter. Dabei besiegt man die Kontrahenten nicht nur, sondern übernimmt auch die individuellen Spezialmanöver dieser. Im alten Japan hingegen muss man als Shinobi eine Burg infiltrieren und kann sich dabei entscheiden, ob man auf leisen Sohlen unterwegs ist und die Gegner verschont, oder sich gnadenlos durch das Anwesen schnetzelt.

Seiner Zeit voraus (noch heute)


Live A Live wirkt fast schon wie ein Pitch, bei welchem sich die Entwickler mit verschiedenen Mechaniken und Ansätzen vertraut machen wollten. 1994 war das Genre noch lange nicht zu Ende gedacht, viele Gameplayelemente und Tropes wurden erst in den folgenden Jahren zum Standard. Umso erstaunlicher ist, wie unglaublich frisch manche Einfälle im Jahr 2022 wirken. Ich würde sogar so weit gehen und sagen: wer früher mal Fan dieser Spielart war, aber in den letzten Jahren die Lust am japanischen Rollenspiel verloren hatte, sollte hier unbedingt einen Blick riskieren (die kostenlose Demo im Nintendo eShop macht es möglich). Nicht zuletzt, da das Spiel sehr wohlwollend mit der Zeit der Spielerinnen und Spieler umgeht! Bis auf ein, zwei Ausnahmen, ist man nicht genötigt zu grinden. Man muss nicht unzählige Kämpfe führen, die nach dem ewig gleichen Muster ablaufen. Selbst die Kämpfe sind in fast jedem Abschnitt erstaunlich unterschiedlich gestaltet, obwohl stets das gleiche Fundament verwendet wird.

Ein Blick auf die Macher des Spiels erklärt übrigens einiges. Hauptverantwortlich für Live A Live ist unter anderem Takashi Tokita, der nur ein Jahr später mit Chrono Trigger eines der zweifellos besten Rollenspiele aller Zeiten als Director auf den Weg gebracht hat. Live A Live wirkt fast schon wie das Konzept für Chrono Trigger, funktioniert gleichzeitig aber auch als eigenständiges Spiel. Alleine aus historischer Sicht ist das ziemlich spannend. Absolut grandios ist auch die Musik, die aus der Feder von Yoko Shimomura stammt. Für jedes Szenario gibt es eigene Musikstücke, teilweise sogar vertont. Und vertont sind jetzt auch ein großer Teil der Dialoge, sowohl in Japanisch als auch in Englisch.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pro
  • wunderschönes 2D-HD-Remake
  • grandiose Musik
  • acht unterschiedliche Settings mit eigener Geschichte und Figuren
  • jedes Setting besitzt eigenständige Spielmechaniken
  • fast alle Dialoge wurden erstmals vertont

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Cons
  • ein, zwei eher unnötige Schwierigkeitsspitzen gegen Ende

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Spiel Bewertung
Singleplayer
83
83
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Live A Live ist ein wichtiges Spiel im Genre der japanischen Rollenspiele und kann nun in einer nahezu perfekten Neuauflage endlich auch außerhalb Japans genossen werden. Die Entscheidung, den Titel als 2D-HD-Remake neu zu veröffentlichen, ist die Richtige gewesen. Denn in dieser Form bleibt man dem ursprünglichen Stil treu, sowohl in optischer Hinsicht wie auch in spielmechanischer. Dadurch wird das Erlebnis nicht verfälscht, sehr wohl wurden aber ein paar Ecken des Originals abgerundet. Vor allem audiovisuell ist das Remake ein echter Leckerbissen für alle Fans von 2D-Spielen. Und was das Spiel in Sachen Gameplay auf dem Kasten hat, ist schlichtweg Augen öffnend. Viele Ideen und Konzepte, wie man sie hier in jedem der acht Szenarios wiederfindet, wurden später kaum oder gar nicht aufgegriffen. Aus heutiger Sicht wäre ein dermaßen umfangreiches Spiel in einem Triple-A-Umfeld wohl ohnehin ein Minenfeld und vor allem ein finanzielles Risiko. Umso schöner ist es, das dieses Spiel vor mittlerweile fast 30 Jahren entstehen konnte und nun in einer fabelhaften Form neu auferstehen darf.

- Von  Adrian

Gelungenes Remake eines echten Klassikers.
Nintendo Switch

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USK 0 PEGI 3

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