Far Cry 5 REVIEW

Schon in Far Cry 4 sprach Ubisoft Themen an, die bei Erscheinen tagesaktuelle Brisanz aufwiesen und das auch heute noch tun. Ziel des 2014 veröffentlichten Spiels war es einen im fiktiven Himalaya-Staat Kyrat herrschenden Diktator zur Strecke zu bringen. Dabei wurde man immer wieder auch Zeuge von Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Gräueltaten, ein Umstand, der von der teilweise vollkommen albernen Spielwelt, seiner Charaktere und Quests aber stark konterkariert wurde und bei manchen Spielern sicherlich einen seltsamen Nachhall hatte. Mit Far Cry 5 geht Ubisoft nun noch einen Schritt weiter und erschafft einen narrativen Rahmen, der in Zeiten, in denen rechte Strömungen an Einfluss gewinnen und Donald Trump Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika ist, erschreckend real wirkt.

County without hope

In Hope County hat ein durchgeknallter Kult um Führer Joseph Seed die Kontrolle übernommen. Diese terrorisieren die Bevölkerung und schrecken weder vor Folter, noch vor Mord zurück.

In Hope County, einem (erneut fiktiven) Landstrich im US-Bundeststaat Montana, hat eine Sekte namens „Project at Eden’s Gate“ die Kontrolle an sich gerissen. Der Kult um Anführer Joseph Seed setzt die eigene Ideologie dabei mit brutaler Gewalt durch, terrorisiert die Bevölkerung und schreckt auch vor Folter und Mord nicht zurück. Um dem Treiben Einhalt zu gebieten, entsendet die Regierung eine Truppe Polizisten, unter denen auch euer namenloser Charakter gehört. Als Deputy sollt ihr Seed festnehmen, was natürlich gründlich in die Hose geht, in wildem Geballer und einer ebenso brachialen Flucht endet. Nun sollte man annehmen, dass die Regierung spätestens jetzt die Nationalgarde entsendet, doch – aus irgendeinem Grund – dem ist nicht so, weshalb ihr und die Bewohner von Hope County ziemlich auf euch alleine gestellt seid. Also wird nicht lange gefackelt und der Aufstand gegen die religiösen Fanatiker geübt.

Das große Problem des Vorgängers wiederholt sich in Far Cry 5 auf noch stärkere Weise, denn auch im neuesten Teil der Reihe schafft es Entwickler Ubisoft Montreal nicht, eine schlüssige Zusammenführung zwischen der Haupthandlung und ihrer ernsten Tonalität sowie dem restlichen Spiel herzustellen. Hin und wieder hat die Story zwar ihre interessanten Momente, auch die Gedanken, die teilweise von den Charakteren geäußert werden, lassen durchaus spannende Schlussfolgerungen zu, letztlich macht die sagenhaft abstruse Spielwelt und ihre Inszenierung der eigentlich ernsten Handlung aber einen gnadenlosen Strich durch die Rechnung.

Es ist mir sowieso nicht ganz klar, warum Ubisoft ausgerechnet Far Cry als Ventil für diese Art von Geschichten nutzen muss und sie mit Themen auflädt, bei denen man schnell auf die Schnauze fallen kann. So hat man erneut das Problem, das diverse Szenen und Momente einen bitteren Nachgeschmack hinterlassen und im Kontext dessen, was in der Haupthandlung eigentlich geschieht, vollkommen deplatziert wirken. Wenn ich während einer Mission von meiner Begleiterin höre, wie sie und ihre Familie vom Seed Kult gefangen genommen wurden, die Eltern in der glühenden Sonne an Pfähle gebunden wurden, nur um Tage später bei lebendigem Leibe und vor den Augen der Kinder verbrannt zu werden, ich wenige Minuten später in einer Nebenmission Stiere umbringen und ihre Hoden einsammeln soll, damit diese beim alljährlichen „Eier-Fest“ verzehrt werden können und mein Alter Ego nach der entsprechenden Sause mit einem Kater neben Party-Hüte tragende Schweine aufwacht, dann wirkt das schlicht geschmacklos.

Bauschmerzen in Montana

Muss das sein? Die Gewaltdarstellung in Far Cry 5 ist oft sehr explizit, der Tenor der Haupthandlung ernst. Leider gelingt es den Entwicklern nicht aber eine Balance zwischen der sehr düsteren Geschichte um Seed und seinen Kult sowie dem restlichen, meist vollkommen absurden Spiel herzustellen. Das hinterlässt einen zuweilen bitteren Nachgeschmack.

Das Spiel ist angefüllt mit Situationen, in denen das Gefälle zwischen Haupthandlung und Rest vollkommen aus dem Ruder läuft und mir mitunter Bauchschmerzen bereitete. So ist es etwa keine Seltenheit, dass man an einem verlassenen Haus vorbeifährt, vor dessen Tür hingerichtete Leichen liegen, während die Häuserwand mit Worten wie „Sündiger“ vollgeschmiert wurde, man keine 200 Meter später schließlich von einem wild gewordenen Truthahn angegriffen wird, und kurz davor steht, angesichts der abstrusen Situation lauthals loszulachen.

Im Vorfeld sorgte Far Cry 5 aufgrund seiner Verortung im gegenwärtigen Amerika inklusive dem Setting mit radikalen und schwer bewaffneten Christen vor allem in den USA für Kontroversen, woraufhin Ubisoft bemüht war schnellstmöglich die Wogen zu glätten und verlautbarte, man wolle ja gar keinen Kommentar auf aktuelle Geschehnisse machen.Mit dieser Aussage kommt das Unternehmen aber nicht um die Tatsache herum, das sie hier ein politisch höchst aufgeladenes Spiel geschaffen haben. Auch wenn das Spiel ein liberales Weltbild als das erstrebenswerte vermitteln mag, so macht man es sich an vielen Stellen dennoch zu einfach.

Das Spiel ist nicht sonderlich bemüht darum, die Antagonisten und ihre Motive nachvollziehbar zu machen, sondern greift auf das althergebrachte Gut/Böse Schema zurück. Ja, Jospeh Seed und seine drei Handlanger sind wie schon die Gegenspieler von Far Cry 3 und Far Cry 4 interessant charakterisiert und gerade Sektenführer Seed kann man sogar so etwas wie Tiefe attestieren. Warum sich aber hunderte Menschen den Lehren des Kults und ihrer Weltuntergangsfantasie angeschlossen haben, bleibt vollkommen unklar, die lapidare „das sind eben nur Spinner“ Nummer ist zu wenig. Die äußerlich wenig Variation aufweisenden Fußsoldaten sind so auch letztlich nicht viel mehr als Kanonenfutter, die im Actionfeuerwerk des Spiels vollkommen untergehen und reihenweise umgenietet werden.

Abenteuerspielplatz für große Kinder

Far Cry 5 funktioniert immer dann am besten, wenn man in der offenen Welt Chaos anrichten und sich in den verschiedenen Nebenaktivitäten austoben kann.

So negativ mir Far Cry 5 hinsichtlich seines Umgangs mit der aktuellen politischen Realität und anderen Themen aufgestoßen ist, so sehr begeistert mich das Spiel hinsichtlich seiner eigentlichen Kompetenz. Diese liegt, liebe Menschen bei Ubisoft, im Gameplay, der Spielwelt und dem vollkommenen Wahnsinn, der in ihr abgeht, und nicht im billigen Schockmoment.

Nach dem spielbaren Prolog, in welchem ihr erstmals in der Geschichte der Serie auch einen eigenen Charakter erstellt, entlassen euch die Entwickler in die offene Welt, die von Anfang an und ohne jegliche Begrenzungen frei zur Erkundung ist. Insgesamt ist die Karte in drei große Gebiete unterteilt, die je von einem ranghohen Familienmitglied der Seed Familie kontrolliert werden. Um Joseph Seed letztlich zur Strecke zu bringen, müssen zuvor seine Handlanger ausgeschaltet werden, wobei auch diese nicht einfach aus ihrem Versteck gekrochen kommen und sich vor der geladenen Flinte positionieren. So muss man durch das Absolvieren von Haupt- und Nebenaufgaben, durch das Befreien von besetzten Außenposten, der Zerstörung von Eigentum der Sekte und anderen Aktivitäten Widerstandspunkte sammeln, bis schließlich der dazugehörige Balken gefüllt ist und man gegen Seeds Schergen in den Kampf ziehen kann.

Far Cry wäre aber nicht Far Cry, wenn ihr abseits der Storyline keine Vielzahl an Möglichkeiten zum Zeitvertreib zur Verfügung hättet. Neu ist etwa das Angeln, welches mit einem durchaus unterhaltsamen Minispiel daher kommt. Ebenso könnt ihr der Fauna der Spielwelt hinterherjagen, absolviert die trashigen Stunt-Aufträge von Clutch Nixon, sucht nach versteckten Lagern, löst dabei ab und an auch mal kleinere Rätsel und erfreut euch schließlich an eurer Beute. Oder, oder, oder. Vor allem der Aufbau der Nebenmissionen hat mir diesmal sehr gut gefallen. Im Grunde handelt es sich zwar häufig um simple Bringdienste, allerdings werden diese mitunter von herrlichen over-the-top Momenten und Charakteren begleitet. Die zuvor erwähnte Stierhoden-Mission fällt darunter, ebenso ein Auftrag, in welchem ich einen mit Maschinengewehr und „stilvoller“ Flammen-Lackierung versehenen Truck stehlen muss und anschließend durch gegnerische Straßensperren brettere. Die Dichte an Missionen scheint etwas reduziert worden zu sein, dafür fühlen sich die Aufgaben nun wertiger an, eine Entwicklung, die dem Spiel sehr gut steht.

Wunderschönes Montana

Der virtuelle Nachbau von Monatana ist stellenweise so schön, das man in dem fiktiven Landstrich Urlaub machen will.

Reduzierung ist übrigens auch das Stichwort hinsichtlich der Open World. Die jederzeit sichtbare Umgebungsmap ist aus dem Interface verschwunden und die Weltkarte hält sich mit dem Anzeigen von Symbolen angenehm zurück und Türme, die man zum Freilegen der Karte erklimmen musste, sind Geschichte – geht doch! Auch bei der Gestaltung des virtuellen Montana hat Ubisoft Montreal viel richtig gemacht. Zwar ist das ländliche Amerika nicht mehr ganz so abwechslungsreich, wie noch Kyrat, dennoch taugt die Kulisse mehr als gut, um mehrere Dutzend Stunden Spielzeit in ihr zu verbringen, ohne Langeweile zu spüren.

Die hauseigene Dunia-Engine wurde für Far Cry 5 noch einmal sichtlich aufpoliert und überzeugt nach wie vor mit ihren kleinen Spielereien. Abstriche muss man dennoch machen, wobei diese selten grafischer Natur sind. Vielmehr sind mir beim Spielen diverse Bugs aufgefallen, die zwar den Spaß nicht trüben, aber mitunter dennoch ärgerlich sein können. Immer wieder stand ich etwa vor Questgebern und wollte mit diesen reden, damit sie mir einen Auftrag geben, was aber aus irgendwelchen Gründen nicht ging, auch ist es immer wieder vorgekommen, das meine KI-Begleiter Probleme bei der Wegfindung haben und um Objekte oder Wände nicht richtig herumkommen.

Cheeseburger und Peaches, meine pelzigen Begleiter durch Dick und Dünn

In Far Cry 5 stehen euch menschliche und tierische Begleiter zur Seite und helfen euch in Einsätzen und Kämpfen.

Apropos Begleiter: eine weitere Neuerung ist die Funktion weitere Charaktere mitzunehmen und mit diesen Kämpfe und Missionen zu absolvieren. Insgesamt kann man zwei Begleiter gleichzeitig in die aktive Gruppe aufnehmen, wobei neben menschlichen Kämpfern mit Waffe auch verschiedene tierische Companions bereitstehen, sofern man diese freigeschaltet hat. Meine absoluten Favoriten sind dabei ein Cheeseburger liebender Bär und Peaches, ein Puma mit zwei unterschiedlich farbigen Augen. Und wollt ihr das beste hören? In Far Cry 5 kann man die pelzigen Freunde sogar streicheln! In den meisten Fällen verhalten sich die Begleiter gut und sind in den Kämpfen und Missionen durchaus eine Bereicherung.

Wer keine Lust auf die KI-Begleiter hat, der lädt sich einfach einen Freund ins Spiel ein. Prinzipiell ließe sich Far Cry 5 übrigens komplett im Koop-Modus durchspielen, wenn man dazu denn Lust hat. Ein kleines Manko gibt es dennoch, denn der erspielte Fortschritt wird nicht für den Gast, sondern nur für den Host gespeichert. Der Mehrspieler-Part wurde ebenfalls ausgebaut und setzt jetzt noch stärker, als zuvor, auf die Beteiligung der Community, die mit dem mitgelieferten Map-Editor eigene Karten erstellen kann. Noch findet sich hier überwiegend Mittelmaß, doch ich habe die Hoffnung, dass man in Zukunft hier eine fleißige Spielerschaft aufbaut. Spaß macht das Gameplay nämlich auch im kompetitiven Multiplayer, wobei ich den Shooter hier noch eher als Zeitvertreib für Zwischendurch, als eine auf lange Sicht motivierende Angelegenheit sehe.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
88
86
Gut
83
Multiplayer

FAZIT

Ich würde ohne Weiteres behaupten wollen das Far Cry 5 der bisher beste Teil der Reihe ist. Entwickler Ubisoft Montreal hat aus vergangenen Fehlern gelernt und die richtige Schlüsse gezogen, was sich durch und durch positiv auf das Spielerlebnis auswirkt. Sei es die aufgeräumte Weltkarte, sei es die Gestaltung der oft enorm unterhaltsamen Nebenmissionen, das Gunplay oder die Inszenierung der Open World als herrlich abstrusen Abenteuerspielplatz mit stimmungsvollen Schauwerten. Was aber die Rahmenhandlung angeht, das quasi nicht vorhandene Feingefühl und die Ausschlachtung von Folter, Gewalt und Fanatismus, sollte sich der Entwickler doch einmal die Mühe machen und über die zukünftige Ausrichtung der Reihe nachdenken. Der humorvolle, gerne auch zynische und satirische Ansatz steht dem Spiel nämlich sehr viel besser zu Gesicht, als der bierernste Ansatz, der oftmals geschmacklos daher kommt und sicherlich den ein oder anderen Spieler verprellen dürfte.

- Von  Adrian

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