Bloodborne REVIEW

In den letzten Jahren dürften sich die Verantwortlichen bei Sony das ein oder andere Mal an den eigenen Kopf angesichts der immensen Popularität von Dark Souls gepackt haben. Zwar hat die mittlerweile zwei Teile umfassende Reihe nie die Verkaufszahlen großer Blockbuster erreicht, gilt aber als eines der wichtigsten Stücke Software der letzten Jahre und steht in der Gunst von Kritikern und Spielern gleichermaßen hoch oben. Eigentlich hätte die Reihe Sony exklusiv sein müssen, denn der für die gefeierten Action-Rollenspiele verantwortliche Entwickler From Software entwickelt schon seit den Tagen der ersten PlayStation beinahe ausschließlich für die Plattformen von Sony, so etwa auch den geistigen Vorgänger Demon Souls. Mit dem neuesten Projekt der Köpfe hinter Spieldesigner Hidetaka Miyazaki kehrt der Entwickler nun jedoch exklusiv auf die PlayStation zurück – und zaubert nebenbei das bisher beste Spiel der aktuellen Konsolengeneration aus dem Hut.

Hunting night

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Bloodborne steht unverkennbar in der Tradition der Souls Spiele, ohne den entsprechenden Titel im Namen zu tragen. Und doch macht der neueste Streich von From Software so manches anders als seine spirituellen Vorgänger. Der augenscheinlich größte Unterschied ist sicherlich im Setting selbst zu finden. Kämpften sich Spieler zuvor durch dunkle, an das europäische Mittelalter angelehnte Fantasy-Welten, in denen Gnome, Drachen und andere Wesen den Tod herbeiführten, so bewegen wir uns nun in einer an das viktorianische London angelehnten Spielwelt und treffen unter anderem auf Werwölfe, Hexen und offensichtlich vollkommen durchgedrehte Bewohner, denen jegliche Menschlichkeit abhandengekommen ist. Zentraler Ort der Geschichte Yarham, eine von imposanten Bauten überwucherte Stadt, deren beste Zeiten aber längst hinter ihr liegen. Eine mysteriöse Blutkrankheit grassiert und lässt die Glücklichen dahinraffen, während die weniger Glücklichen zu mordenden Bestien werden und auf den zerstörten Straßen auf die Jagd nach Blut gehen.

Inmitten dieses Szenarios findet sich der Spieler wieder, der wie gewohnt zu Beginn einen eigenen Charakter im entsprechenden Editor zusammenstellt. In diesem wählt man auch zwischen einer von mehreren Klassen. Wobei Klassen vielleicht ein wenig übertrieben wäre, denn tatsächlich fährt Bloodborne das Klassensystem auf ein Minimum zurück, sodass der Spieler eigentlich nur zwischen den seiner Meinung nach wichtigsten Charakterwerten abwiegt. Während Werte wie Stärke und Ausdauer noch nachvollziehbar sind, wird es bei Begrifflichkeiten wie Arkana und Blutfärbung schon etwas kniffliger. Denn wie man es von den Souls Spielen gewohnt ist, so verzichtet auch Bloodborne auf nähere Erklärungen, sodass man selbst als Kenner der quasi Vorgänger ein bisschen auf dem Schlauch stehen dürfte.Und das wird auch nach dem eigentlichen Spielstart noch eine ganze Weile so bleiben, denn auch die Story ist einmal mehr sehr verworren. Anstelle einer gelenkten Narration gibt es unzählige Fragmente, die es mit aufmerksamen Verstand zusammenzufügen gilt, um das große Ganze zu verstehen. Nur soviel: der namenlose Protagonist kommt nach Yarham um dort eine vermeintlich heilende Bluttransfusion zu erhalten. Doch bei dieser geht offensichtlich etwas schief, sodass wir uns schließlich auf uns alleine gestellt auf den Straßen der Stadt wiederfinden. Und das ausgerechnet in der Jagdnacht, in der sämtliche monströsen Kreaturen und feindlich gesinnte Jäger auf alles Jagd machen, das nicht hinter verschlossenen Türen in Sicherheit ist…

Bekannt und doch anders

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Neben dem Wechsel des Settings, hat sich auch im Spieldesign einiges getan. Bloodborne dürfte sich für Kenner der „Souls“ Reihe zwar durchaus vertraut anfühlen, doch irgendwie ist doch einiges anders. Eine der im Vorfeld am heiß diskutiertesten Änderungen unter Veteranen der Spiele ist der Wegfall des Schildes als Block-Item. Zwar gibt es im Spiel nach einigen Stunden einen Schild zu finden, welcher sich auch ausrüsten und verwenden lässt. Allerdings dürfte dies eher ein von den Entwicklern bewusst integriertes Augenzwinkern in Richtung der Spielerschaft sein, denn wirklich brauchbar ist der Schild nun nicht mehr. Stattdessen gibt es nun als Sekundärwaffe Pistolen und Flinten. Diese sind allerdings nicht wirklich zum Angriff geeignet, da sie nur minimalen Schaden generieren. Stattdessen ersetzen sie den Schild quasi als Abwehrinstrument. Denn mit dem richtigen Timing können mit den Schusswaffen gegnerische Angriffe pariert werden, sodass sich ein kleines Zeitfenster öffnet in welchen der Gegner außer Gefecht gesetzt ist und so den Attacken des Spielers vollkommen schutzlos ausgeliefert ist.

Die zweite große Neuerung im Spieldesign ist die nun deutlich erhöhte Geschwindigkeit der Gefechte. Mit dem Wegfallen des Schildes muss man nun nämlich in so gut wie allen Kämpfen flink ausweichen und zur Seite rollen, um nicht die gegnerische Axt auf den Schädel zu bekommen. Auch gestalten sich die Kämpfe nun deutlich aggressiver und bieten in der Regel kaum Zeit zum Verschnaufen. Hatte man in den bisherigen Souls Ablegern noch einigermaßen die Wahl zwischen schnellen Nahkampf und sicheren Angriffen aus der Deckung mit Pfeil und Bogen oder Magie, so fällt diese Entscheidungsfreiheit nun komplett weg und zwingt zu agilen Bewegungen und schnellen Angriffen.

Zwar gibt es im späteren Spielverlauf tendenziell magische Angriffe, die erlernt werden können. Allerdings werden wohl nur wenige Spieler beim ersten Spieldurchlauf herausfinden, wie es diese zu erwerben gilt. Auch wurde die Anzahl der Waffen und Kleidungen nun deutlich nach unten korrigiert. Schwere Rüstungen gibt es nicht mehr, stattdessen diverse Ausrüstungsgegenstände, die wie gewohnt verschiedene Werte begünstigen oder eben nicht. Die Hiebwaffen besitzen nun allesamt einen sekundären Modus. So lässt sich eine übergroße Rasierklinge etwa zur Sensen ähnlichen Waffe ausfahren, mit der Gegner dezent mit Abstand attackiert werden können.

Diese Änderungen im Detail sorgen zwar nicht für einen kompletten game changer, aber doch für eine Drehung des Spielerlebnisses um 180 Grad. Der frische Wind von Bloodborne steht der Reihe allerdings sichtlich gut. An der grundlegenden Erfolgsrezeptur der Souls Spiele wurde im Übrigen kaum gerüttelt. Nach wie vor zeichnet sich das Spielgeschehen durch einen hohen Schwierigkeitsgrad aus. Anders, als von vielen Fans befürchtet, hat From Software den Schwierigkeitsgrad nicht zu Gunsten einer höheren Reichweite simplifiziert. Tatsächlich hatte ich an manchen Stellen das Gefühl, das Bloodborne wieder etwas am Schwierigkeitsgrad angezogen hat und sich deutlich näher an Demon Souls orientiert.

Entdeckertrieb

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Spielerisch hat sich noch kein From Software Titel so angenehm angefühlt, wie Bloodborne. Und auch in Sachen Design und Spielwelt haben die Mannen rund um Serien-Vater Hidetaka Miyazaki noch einmal richtig drauf gelegt. Wurde bisher in düsteren Fantasy-Welten gestorben, so verschlägt es uns nun in ein etwas moderneres Setting, in welchen Schusswaffen und mechanische Aufzüge bereits Realität sind. Die Vermengung aus an das viktorianische Zeitalter erinnernde Ästhetik von Gebäuden und Kleidung, die offensichtliche Zitierung von H. P. Lovecraft und anderen vorlagen aus der klassischen Horror-Literatur sowie der starke stilistische Einfluss der Gothic sorgen für eine herausragende Stimmung. Ohne, das es als ein solches Spiel beworben wurde, ist Bloodborne eines der stimmigsten Horror-Spiele der letzten Jahre.

Egal ob es nun das Aussehen der vielen monströsen Kreaturen ist oder das generelle Art-Design: selten habe ich in den letzten Jahren eine in sich so stimmige Spielwelt zu Gesicht bekommen. Und selten habe ich mich überhaupt in meiner Zeit als passionierter Videospieler durch eine so in sich schlüssige Welt bewegt, wie sie mir hier geboten wird. Zwar ist Yarham zweifelsohne das Zentrum des Spieles, allerdings gibt es neben der riesigen Stadt noch viele weitere Gebiete, wie etwa einen verfluchten Wald oder auch ein Schloss inmitten einer Schneewüste. Doch nicht nur zaubert From Software eine Fülle an unterschiedlichen Orten aus dem Hut, auch haben es die Entwickler grandios geschafft die einzelnen Schauplätze miteinander zu verbinden, sodass man tatsächlich das Gefühl erhält, sich in einer organischen und nachvollziehbaren Welt aufzuhalten. Alleine schon, wie einzelne Orte miteinander verbunden sind oder hier, und da Abkürzungen integriert wurden, weist eine zuvor nur selten da gewesene Ordnung und Logik auf. Und obwohl es in „Bloodborne“ sehr viel weniger Items und seltene Gegenstände zu entdecken gibt, als in den Vorgängerspielen, so ermutigt die Welt doch wie nie zuvor den eigenen Entdeckertrieb freien Lauf zu lassen und das riesige Areal zu erkunden.

Neben der eigentlichen Spielwelt gibt es natürlich auch wieder eine „Traum des Jägers“ genannte Hub-Welt, in welcher der Spieler die Werte von Spielcharakter und Waffen steigern kann und Items erwerben kann. Auch kann ich von der Hub-Welt aus alle Abschnitte der Welt per Schnellreisefunktion aufsuchen. Schade nur, das ich dafür tatsächlich jedes Mal aufs Neue in den Traum der Jäger zurück kehren muss, denn die Möglichkeit Orte von der eigentlichen Spielwelt aus direkt anzureisen, gibt es nicht. Vollkommen neu sind nun die sogenannten Chalice Dungeons. Hierbei handelt es sich um zufallsgenerierte Areale, in denen locker noch einmal 20 Stunden und mehr Spielzeit investiert werden kann. Klasse: From Software verwurstet hier nicht einfach aus der eigentlichen Kampagne bekannte Monster und Boss-Gegner, sondern lässt auch neue Kreaturen vom Zaun.

Wunderschöner Alptraum

Auch in technischer Hinsicht hat From Software nahezu alle Register gezogen und nutzt die Hardware der PlayStation 4 konsequent aus. Nicht nur wird die riesige Spielwelt nahezu ohne Ladezeiten berechnet, auch sieht sie grafisch schlichtweg atemberaubend gut aus. Vor allem der enorme Detailreichtum ist beachtlich und auf den ersten Blick manchmal nicht einmal ersichtlich. So weisen beispielsweise Fensterverzierungen in vielen Fällen unterschiedliche Muster auf und betretbare Gebäude unterscheiden sich ebenfalls stark voneinander. Dass sich viele Gegner innerhalb ihres Typus das gleiche Aussehen teilen, ist da ebenso zu verkraften wie die etwas seltsam agierende Physik.

Hin und wieder merkt man trotzdem, das die Engine noch nicht ganz sauber zu Ende programmiert wurde. Denn neben teils enormen Ladezeiten von bis zu 40 Sekunden kommt es auch immer wieder zu Einbrüchen der Framerate, die gerade in Kämpfen gegen große Bossgegner störend wirken und das ansonsten sehr angenehme Spielgefühl stören. From Software gelobt Besserung und will in Zukunft per Patch nachbessern.

Immerhin läuft mittlerweile die Netzwerkfunktion von Bloodborne sehr rund. Diese ist erneut ein nicht zu unterschätzender Bestandteil des Spielerlebnisses. So kann man etwa jederzeit von realen Spielern im eigenen Spieldurchgang angegriffen und überfallen werden. Stirbt man, sind, wie bei normalen Spielgegnern auch, die gesammelten Seelen, welche nun Blutechos heißen, futsch. Allerdings kann man jederzeit auch einen Mitspieler zur Hilfe rufen, etwa dann, wenn man bei einem Boss-Kampf nicht weiter kommt. Auch gibt es erneut die bereits bekannten Nachrichten, welche Spieler überall in der Welt hinterlassen können. Wer auf die Online-Features keine Lust hat, der kann diese vernachlässigen und im Offline-Modus ohne sämtliche Hilfe und Gefahr von Außen zocken.

 

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Spiel Bewertung
Singleplayer
90
90
Super
90
Multiplayer

FAZIT

Wenn Bloodborne in diesen Tagen zum ersten essenziellen Titel der aktuellen Konsolengeneration erhoben wird, dann steckt da ziemlich viel Wahrheit drin. Das aktuelle Spiel von From Software macht so gut wie alles richtig, was es richtig zu machen gilt. Das fordernde, aber stets faire Spieldesign selektiert zwar wie gehabt sehr schnell aus – wer aber am Ball bleibt und sich von den Dutzenden „You died“ Bildschirmen nicht entmutigen lassen, der wird immer und immer wieder mit einem Glücksgefühl belohnt, wie es aktuell nur wenige Spiele in der Lage sind zu bescheren. Das grandiose und jederzeit nachvollziehbare Leveldesign, der visuelle Stil und die vielen kleinen Anpassungen im Spielsystem machen Bloodborne definitiv zu einem der herausragendsten Spiele der letzten Jahre. Und definitiv zum besten PlayStation 4 Exklusivtitel, den es derzeit gibt. Wer also dachte, das From Software allmählich nachlässt, der hat sich Bitter getäuscht. Stattdessen legen Hidetaka Miyazaki und sein Team hier ihr bisher bestes Spiel vor. Chapeau!

- Von  Adrian

Playstation 4

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