Anno 2205 REVIEW

„Wer kennt dieses Musikstück?“, fragt der Musiklehrer. „Ich kenne das!“ – (erfreut) „Ja? Von wem ist das denn?“ – „Das ist aus Anno!“ Wer auch nur annähernd eine Idee davon hat, wie diese Eingangszeilen einzuordnen sind, gehört mutmaßlich zu den älteren Zockern unter uns – denn er wird wissen und mit einer hohen Wahrscheinlichkeit auch ähnliche Situationen erlebt haben. Anno 1602, unterlegt mit vielen klassischen Musikstücken, begeisterte im Jahr 1998 enorm viele Spieler und lässt die Augen der damaligen Spielergemeinde auch heute noch feucht werden. Ob wir über die musikalische Bildung froh sein sollen oder die gebrochenen Musiklehrer-Herzen beklagen, soll an dieser Stelle allerdings gar nicht beantwortet werden.

Was vielmehr beantwortet werden soll, ist die Frage, wie sich der neueste Ableger der Anno-Serie – Anno 2205 – denn nun im heutigen Test schlägt. Immerhin 17 Jahre sind vergangen, seit der Klassiker Anno 1602 erschienen ist – 17 Jahre, die auch für die Spieleserie Höhen und Tiefen bedeuteten, aber auch 17 Jahre, in denen sich das Genre weiterentwickelt hat…

Neues Zeitalter, neues Setting

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Als Anno-Spieler, der vor allem die früheren Generationen des Titels noch kannte, stach mir natürlich – wie vermutlich vielen anderen auch – als erstes das Setting ins Auge: Im Weltraum spielt der neueste Ableger bisweilen nun und trägt sich im Jahr 2205 zu. Auf den ersten Blick mag das für den ein oder anderen Spieler durchaus etwas ungewohnt erscheinen, aber wie sich zeigt, ist diese Gewohnheitssache auf den zweiten Blick dann auch schnell erledigt. Im Spiel selbst erkennt ihr sofort, dass das grundlegende Spielprinzip mit all seinen Elementen ums Besiedeln von Inseln und die Versorgung derer Einwohner beibehalten wurde.

Wenn ihr das Spiel einmal startet, findet ihr euch auch schon schnell im Kampagnen-Modus wieder, der mit dem Tutorial und Endlosspiel-Modus gleich geschaltet wurde. Dabei ist es eure Aufgabe, mit eurem Unternehmen finanziell derart stark zu werden, um im weiteren Spielverlauf schließlich auch den Mond zu besiedeln – immerhin herrscht im Jahr 2205 aufgrund der stetig gewachsenen Bedürfnisse der Menschheit eine Energiekrise, die es notwendig macht, die Wirtschaft auch bis dorthin auszugliedern. Auch in die Arktis wird es euch im Laufe der Zeit ziehen – die unterschiedlichen Schauplätze und das Besiedeln verschiedener Zonen gleichzeitig ist ein Novum in Anno 2205, das euch die ein oder andere zusätzliche Finesse in Sachen wirtschaftlicher Entscheidungen abverlangen wird.

Eingeführt in die gesamte Rahmenhandlung werdet ihr übrigens direkt am Anfang von äußerst nüchtern wirkenden Akteuren, die euch die Lage der Dinge auf der Erde erklären. Die gesamte Aufmachung dieser Einführung ist äußerst stereotyp-futuristisch, soll heißen: Die beteiligten Personen sprechen so neutral, dass es schon sehr steril wirkt, die gesamte Atmosphäre ist äußerst kühl geraten. In Sachen Präsentation ist Anno 2205 – zumindest in dieser Hinsicht – also durchaus etwas vorzuwerfen, denn die Rahmenhandlung wirkt durchaus etwas leblos.

Anno spielt seine Trümpfe aus

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Aber Storyline hin oder her: Was zählt, ist aufm Platz! Und was Anno hier bietet, lässt sich wieder einmal gut sehen und zeigt, dass Ubisoft die grundlegende Spielidee, die sich mit dem ersten Ableger bereits etabliert hat, anständig reifen ließ. Auch in Anno 2205 geht es im Wesentlichen darum, eure immer anspruchsvoller werdenden Bewohner mit allem zu versorgen, wonach sie verlangen – was auch in eurem Interesse liegt, denn nur zufriedene Bewohner erreichen die nächste Bewohnerstufe und drücken daher mehr Geld an euer Unternehmen ab. Sind deren Bedürfnisse anfangs etwa noch relativ einfach mit Wasser, Biokost oder Information zu befriedigen, gestaltet sich das Ganze im weiteren Spielverlauf durchaus etwas schwieriger – denn um allen Ansprüchen gerecht zu werden, wird ein einzelner Standort bald nicht mehr ausreichen und euch zum Expandieren zwingen. Auch der ständige Anspruch nach noch mehr Energie oder Materialien ist euer stetiger Begleiter.

Genau in diesen Momenten hat – wie es der geneigte Anno-Spieler gewohnt sein dürfte – seine Stärken. Es geht nicht primär darum, wie bei vielen anderen Strategiespielen, eure Partei möglichst stark zu entwickeln, um anderen Parteien am Ende den Hals umzudrehen, sondern die zentralen Herausforderungen stellt euch das Spiel und eure Gesellschaft selbst: Bei immer höheren Bedürfnissen steigen die Ansprüche an euer organisatorisches Geschick, bei immer mehr Gebäudetypen, die eure Bevölkerung von euch verlangt, müsst ihr euch räumlich gut organisieren. Viele, bisweilen schmerzliche Entscheidungen müssen getroffen werden, bis ihr eurer Bevölkerungen kaum mehr einen Wunsch erfüllen könnt.

Was dem ein oder anderen Spieler als absolut neu vorkommen dürfte, sind beispielsweise die Differenzen zu den Vorgängern hinsichtlich der Auseinandersetzungen mit anderen Spielern. Natürlich landet ihr nicht mehr mit Schiffen voller Soldaten auf den Inseln eurer Widersacher und feuert die Kanonen ab, um deren Gebäude in Schutt und Asche zu legen – das Setting gibt das auch überhaupt nicht mehr her. Auch die Tatsache, dass ihr euch nicht mehr in einer Welt, sondern in mehreren Regionen befindet, trägt dazu bei, dass ein Kampfsystem wie früher nicht mehr denkbar ist. Stattdessen wurden die Kämpfe beinahe auf eine Art Meta-Ebene verlagert; sie wirken dadurch nicht mehr so unmittelbar, wie es in früheren Ablegern noch der Fall war, wenn eines eurer Handelsschiffe versenkt wurde, und nehmen daher eine Stellung innerhalb des gesamten Spiels ein, die sich bisweilen etwas seltsam anfühlt. Es erweckt fast ein bisschen den Eindruck, als sei ein Kampfsystem integriert worden, weil das eben schon immer so war – und nicht, weil es für notwendig erachtet worden wäre. Der Fokus liegt in Anno 2205 demnach weitaus stärker auf der Aufbausimulation.

Schick!

Vorhin wurde die Präsentation schon bereits etwas bemängelt, als es um die nüchterne Darstellung der Rahmenhandlung ging. Dabei muss an dieser Stelle jedoch erwähnt werden, dass der Rest wirklich sehr schön gemacht wird. Anno 2205 sieht absolut schick aus und hört sich auch toll an – so wünschen wir uns das von einem Titel dieses Kalibers. Daher ist es absolut erfreulich, dass es an dieser Stelle schlichtweg nicht viel mehr hierzu zu sagen gibt.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
83
83
Gut
83
Multiplayer

FAZIT

Anno 2205 sieht toll aus und spielt sich wunderbar - das Gameplay wurde im Großen und Ganzen toll in das für den ein oder anderen etwas ungewohnte Setting übertragen und wirft nur an wenigen Stellen Fragen auf. Wer Anno immer auch ein Stück weit als Strategiespiel ansah, in dem man seine Konkurrenten ausschalten musste, wird den Bedeutungsverlust des Kampfsystems möglicherweise als einen Verlust ansehen. Die zentralen, immerwährenden Stärken behält auch der neueste Ableger jedoch bei.

- Von  Roman

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