Atelier Rorona Plus – REVIEW
Bei dem sich derzeit vollziehenden Übergang zwischen der alten und der neuen Konsolengeneration fallen auffallend viele Re-Releases für die aktuellen Plattformen ab. Dabei handelt es sich in erster Linie vor allem um Spiele, die zum Ende des Lebenszyklus von Playstation 3 und Xbox 360 erschienen sind, wie etwa The Last Of Us und Grand Theft Auto 5, und deren Potential auf der neuen Hardware noch einmal ausgeschöpft werden kann. Auch der japanische Entwickler Gust hat sich jüngst dazu entschlossen, sein bereits 2010 veröffentlichtes Rollenspiel Atelier Rorona: The Alchemist of Arland in einer technisch und inhaltlich überarbeiteten Fassung neu auf den Markt zu bringen. Dieses erscheint – ironischerweise – jedoch nicht für die aktuelle Sony Konsole, sondern für deren Vorgänger. Ob es sich gelohnt hat das PS3-Spiel für seine Original-Plattform noch einmal neu aufzulegen?
Das Leben einer jungen Alchemistin
In Atelier Rorona Plus schlüpft der Spieler abermals in die Rolle der jungen Alchemistin Rorona. Diese hat ihre Ausbildung kaum begonnen, da steht ihre Ausbildungsstätte auch schon kurz vor der Schließung. Denn im Zuge einer sich im Königreich Arland vollziehenden Industrialisierung soll alles Alte dem Neuen weichen, so auch der Alchemie-Laden von Rorona´s Ausbilderin. Diese macht sich Angesichts des drohenden Szenarios auch gleich aus dem Staub und überlässt ihrer jungen Novizin den Laden und die volle Verantwortung. Glücklicherweise bekommt Rorona die Chance die Schließung des kleinen Ladens abzuwenden, um dies zu erreichen muss sie jedoch drei Jahre lang ihre Fähigkeiten beweisen und dem König von dem nach wie vor bestehenden Existenzrecht der Alchemie überzeugen.
Der grundlegende Handlungsstrang von Atelier Rorona Plus ist mit der des 2010 veröffentlichten Originals nahezu identisch. Dazu ist allerdings anzumerken, dass das Spiel so oder so eigentlich keine relevante Handlung besitzt, denn einmal abgesehen von dem sich in den ersten zehn Minuten entfaltenden Grundszenario findet im weiteren Spielverlauf so gut wie keine Entwicklung statt. Das gilt sowohl für die Handlung selbst, als auch die in ihr agierenden Charaktere. Letztere bilden trotzdem den Hauptbezugspunkt von Atelier Rorona Plus, denn das Spiel legt einen recht großen Fokus auf die Figuren und ihren Beziehungen untereinander. Dies äußert sich vor allem in den vielen Dialog-Sequenzen, die beinahe schon Visual Novel Charakter haben und entsprechend komplett mit Poträts der Figuren und Textboxen abgehalten werden. Auf Videoseqeuenzen – abgesehen vom schicken Anime-Intro – verzichtet das Spiel hingegen, was den Eindruck der eher statisch erzählten Geschichte noch einmal verstärkt.
Looten, leveln, craften
Atelier Rorona Plus gehört zu den einigermaßen klassischen Vertretern des Japano-Rollenspiels, in deren spielmechanischer Mitte der in nahezu allen Vertretern gelebte Genre-Dreisatz aus kämpfen, leveln und looten steht. Wie bereits geschrieben, muss der Spieler in der Rolle der jungen Rorona alle drei Monate einen bestimmten Auftrag des Königshauses absolvieren. Diese Quests verlangen in der Regel das herstellen bestimmter Items, etwa Heiltränken, Bomben und anderen Mixturen. Um diese im hauseigenen Kochtopf herstellen zu können, muss man sich jedoch außerhalb der Stadtmauern begeben und die Dungeons nach Kräutern, Früchten, Metallen und anderen Gegenständen absuchen. Das suchen gestaltet sich dabei sehr einfach, denn sämtliche Stellen, an denen es Material zu finden gibt, sind auffallend durch entsprechende Icons gekennzeichnet und nicht zu übersehen. Trotzdem sind die Sammelausflüge in den wenigsten Fällen entspannte Naturbegehungen, was vor allem an den vielen Monstern liegt, welche die Wälder, Katakomben, Ruinen und Seen in Arland unsicher machen.
Zwar kann man die stets sichtbaren Gegner im Prinzip auch einfach umgehen, hin und wieder entwickeln sich trotzdem Kämpfe. Hier hält sich das Spiel sehr stark an Genre-Konventionen und bietet ein leider etwas zu weichgespültes Kampfsystem. Als mögliche Aktionen stehen dem Spieler der Angriff, der Spezialangriff, die Verteidigung eines Party-Mitglieds und die Flucht zur Verfügung, Rorona kann darüber hinaus im Kampf auch Items einsetzen. Insgesamt kann man bis zu zwei weitere Figuren mit in die Kämpfe nehmen, entsprechende Anhängsel lassen sich in der Heimatstadt gegen eine kleine Gebühr anheuern. Das rundenbasierte Kampfsystem selbst ist sehr schnörkellos umgesetzt, besitzt aber nur wenig Eigendynamik, was vor allem daran liegt, das man nicht sehr viel mehr macht, als aus dem Aktionsmenü einen Befehl zu wählen. Das ganze ist zwar sehr Einsteigerfreundlich gestaltet und sich selbst erklärend, Genre-Vielspieler dürften sich hier aber gnadenlos unterfordert fühlen, zumal die Gegner – abgesehen von einigen optionalen Bosskämpfen – nicht sonderlich knackig sind.
Der wohl wichtigste Kniff von Atelier Rorona Plus ist der, das so gut wie jede Aktion im Spiel Zeit kostet. Dies ist sehr wörtlich zu nehmen, denn im oberen linken Bildschirmbereich zeigt stets ein Zähler die noch verbleibenden Tage bis zum Ende der jeweils gültigen Hauptquest an. Verpasste Abgabetermine bestraft das Spiel rigoros mit dem Game Over. Glücklicherweise gestalten sich die zu erledigenden Zielvorgaben in aller Regel sehr human, sodass man keine große Schwierigkeiten haben sollte, die Hauptaufgaben im vorgegebenen Zeitfenster zu erfüllen. Trotzdem ist ein gewisses Maß an Zeitmanagment wichtig, denn natürlich gibt es auch Abseits der Hauptquests jede Menge zu machen. Hier muss der Spieler allerdings stets abwiegen, was ihm wichtig ist und was nicht. Man kann viele Materialien etwa in anderen Läden kaufen, allerdings haben diese meist eine schlechtere Qualität, als jene Rohstoffe, die man in der Natur finden kann. Will man sich jedoch selbst auf eine Sammelreise begeben, so muss man mit einplanen, das bereits die Reise zu den verschiedenen Gebieten mehrere Tage beansprucht. Selbiges gilt, wenn man innerhalb der Areale die Dungeons wechselt. Auch das herstellen von Items im Alchemie-Laden kostet Zeit. So kann es durchaus passieren, das ehe man sich versieht die drei Monate im Spiel abgelaufen sind und man kaum Fortschritte gemacht hat.
Neben der Hauptquest kann man außerdem noch weitere Aufträge von Stadtbewohnern erfüllen. Diese beschränken sich leider darauf, das der Spieler bestimmte Items an einem Schalter im königlichen Palast abzuliefern hat. Dies bringt zwar Geld in das virtuelle Portemonnaie und Ansehen bei den Bewohnern Arland´s, ist spielerisch allerdings nicht anspruchsvoll. Überhaupt ist die mangelnde Abwechslung einer der größten Kritikpunkte von Atelier Rorona Plus.
Japanischer Zuckerguss
Eines der wohl auffälligsten Attribute des Spieles ist sicherlich seine audiovisuelle Präsentation, die sich sehr stark an sogenannten Moe-Animes orientiert. Moe bezeichnet vor allem eine stilistische Ästhetik, die sehr darauf abzielt, das alles möglichst süß und „kawaii“ ist. Dies gilt im Falle von Atelier Rorona Plus für die zum großen Teil weiblichen Figuren und deren Charakterisierung, aber auch für das Art-Design von Monster und Welt und des teils sehr kindischen Humors, der nicht darum verlegen ist auch einmal unter der Gürtellinie zu agieren. Dabei untersteht nahezu jeder Gesichtspunkt des Spieles dem Grundsatz möglichst knuffig zu sein. Diese Ausrichtung mag nicht jeden Spieler gefallen, tatsächlich dürfte das Spiel schon von Haus aus seine Zielgruppe sehr stark einschränken.
Grafisch hat Atelier Rorona Plus im Vergleich zu seinem Original durchaus einen Sprung nach vorne gemacht, trotzdem sieht das Spiel nach wie vor aus, wie die gut gelungene HD-Portierung eines Playstation 2 Spieles. Zwar sind die Figuren-Modelle und der allgemeine Look sehr hübsch gestaltet, was aber die Ausarbeitung der Welt angeht, so fällt hingegen sehr stark auf, das diese kaum dynamisch ist, sondern viel mehr, wie eine Kulisse wirkt. Details bietet die Welt kaum, auch die Animationen sind eher spärlich gehalten. Immerhin versöhnt das Spiel insgesamt durch sein gelungenes Art-Design, das nicht unbedingt außergewöhnlich ist, aber in seiner Umsetzung doch sehr stimmig.
Klanglich wird man da schon eher auf einem hohen Niveau abgeholt. Vor allem die Musik passt sich der allgemein sehr angenehm unaufgeregten Grundstimmung des Spieles gut an und liefert in erster Linie harmonische Klänge. Diese können nach einigen Stunden Spielzeit zwar trotzdem ziemlich auf die Nerven schlagen, für diesen Fall bietet das Spiel aber die Möglichkeit über ein entsprechendes Menü die Musikstücke für sämtliche Spielbereiche zu ändern. Dem Spieler steht dabei die Auswahl aus vielen Stücken der langjährigen Historie der Atelier Reihe zur Verfügung. Sehr gelungen ist auch die Sprachausgabe, wobei man hier sowohl die Auswahl zwischen japanischer und englischer Sprachspur hat. Letztere deckt – offensichtlich aus Kostengründen – aber nicht alle Dialoge des Spieles ab. Im übrigen sollte man einigermaßen gute Englischkenntnisse besitzen, denn nicht nur gibt es keine deutsche Sprachausgabe, auch besitzt das Spiel lediglich englische Bildschirmtexte.