Marvel’s Spider-Man REVIEW
Schon im Vorfeld fiel die Promo zu Marvel’s Spider-Man alles andere als gering aus. Nicht weniger hoch war da der Druck an Insomnic Games, die bereits durch die Spyro sowie Ratchet & Clank Reihen an Anerkennung gewinnen konnten. Ein erfolgreiches Studio ist aber noch immer kein Garant dafür, das Potenzial aus einer Comicadaption auszuschöpfen. Die Entwickler haben den Zeitgeist jedoch erkannt. Fans und Spieler geben sich nicht damit zufrieden, eine kostümierte Figur durch die Welt prügeln zu lassen. Sie verlangen nach Tiefe sowie Authentizität zur Vorlage und nach lebhaften Charakteren, die alle Emotionen kennen und zeigen. Doch was genau macht die neue Interpretation von Spider-Man anders?
Willkommen in New York
Zuallererst sollte erwähnt werden, dass die Spieler nicht abermals durch den Urschleim gezogen werden. Stattdessen lernen wir einen Superhelden kennen, der schon einige Siege wie Niederlagen hinter sich gebracht hat und daran gereift ist. Dennoch steht Peter, der hinter der Maske von Spider-Man steckt, noch immer nicht auf der Sonnenseite des Lebens. Er hat Mietschulden, ist Single und seine Arbeiten mit Professor Octavius wollen einfach nicht optimal vorankommen. Kein Wunder also, dass Peter schon fast lieber als Superheld durch New York streift, obwohl ihm auch dort nicht immer Anerkennung zuteil wird. Marvel’s Spider-Man zeigt aber ungeschönt die Probleme des jungen Mannes hinter der Maske, auf den eine seiner größten Aufgaben noch wartet.
Alles könnte so schön mit der Einbuchtung des Kingpins laufen, doch scheinbar gerät das Leben in New York immer mehr außer Kontrolle. Eine neue Verbrecherbande versucht die Metropole zu unterwandern. Die sogenannten Dämonen haben überall ihre Finger im Spiel und scheinbar kränkere Ziele, als sie ein Kingpin je hätte haben können. Angeführt von Mr. Negativ, der einige dunkle Geheimnisse verbirgt, ist dieser zusammen mit seinen Schergen aufzuhalten.
Nicht zwangsläufig erwartet euch also die bekannteste Riege an Schurken, im Verlaufe der Story wird Spider-Man aber noch sein blaues Wunder erleben.
Kleinvieh macht auch Mist
Marvel’s Spider-Man ist aber weitab davon, ein stupides Aufeinandertreffen von Schurken zu sein. Stattdessen gibt es viele Aufgaben im großflächigem und vor allem offenen Manhattan zu bewältigen. Da gibt es wie immer die Kleinkriminellen, die Angst und Schrecken verbreiten. Ob Einbrüche, Drogenhandel oder Waffenschmuggel, das Verbrechen schläft in der Metropole nicht, was Spidey aber nahezu schlaflos macht. An jeder erdenklichen Ecke gibt es böse Buben, die dingfest gemacht werden sollten, bevor sie Schaden anrichten.
Hierzu stehen dem Helden unzählige Schläge, Tritte, Kombos und Gadgets zur Verfügung. Und eine ausgewogene Kombination ist alles andere als verzichtbar, denn die Gegner wissen sich nicht nur zur Wehr zu setzen, sondern verschiedenes Arsenal zur Party mitzubringen. Der Wechsel von der Offensive mit Fäusten und Netzen, zur Defensive mit Ausweichsprüngen, wirkt dabei recht durchdacht und bringt genügend Abwechslung ein, sodass die Kämpfe nie ermüdend werden. Mit der Wahl und dem Einsatz von Specialmoves, können sogar fast ausweglose Situationen noch einen Umschwung erhalten.
Mit den akrobatischen Künsten alleine ist aber kein Kampf gewonnen. Prügelt ihr euch durch die Reihen an Gegnern, bleibt es nicht aus, dass ein gegnerischer Schlag oder Schuss auch einmal trifft. Sofern ihr jedoch ebenso treffsicher unterwegs seid, füllt sich langsam ein Balken, der ferner wieder per Knopfdruck zu Lebensenergie gewandelt werden kann. Damit wirken die Aufeinandertreffen mit Schurken und anderen Fieslingen immer recht ausgewogen und fair.
Level Up Spidey
Ein echter Superheld lernt durch einen ständigen Einsatz seiner Fähigkeiten. Dies verbaut Insomnic Games in einem Level-Up-System mit zugehörigem Skillbaum. Mit jedem gewonnenen Schlagabtausch oder erfülltem Auftrag, gewinnt die freundliche Spinne aus der Nachbarschaft an Erfahrungspunkten hinzu. Diese füllen langsam eine Skala, die mit der Vervollständigung in die nächste Stufe übergeht. Jeder Levelaufstieg birgt verschiedene Vorteile. Beispielsweise darf sich der Superheld über mehr Lebensenergie freuen, angesammelte Skillpunkte endlich verteilen oder seinen Kleiderschank mit Kostümen erweitern.
Gerade der Skillbaum verdient dabei besondere Beachtung, da er Moves optional freischalten kann, die in den immer anspruchsvoller werdenden Kämpfen, dem ein oder anderen Exitus vorbeugt. Mit der Verbesserung der Gadgets, von denen im Verlaufe der Geschichte immer mehr zugänglich gemacht werden, ist keine der Aufgaben als unmöglich zu betrachten.
Katz und Maus
Spieler die dem Superhelden-Genre allgemein nicht abgeneigt sind und schon die ein oder andere Adaption gespielt haben, erkennen vielleicht schnell Parallelen zur Batman: Arkham-Reihe. Dies macht sich nicht nur durch die Schlägereien mit Kleinkriminellen bemerkbar, sondern ebenfalls durch die vielen weiteren Aufträge, die ihr auf freiwillige Basis annehmen könnt.
So besteht eure Pflicht in kostümierter Rolle darin, die Schäden zu beseitigen, die Oscorb in New York hinterlassen hat, oder versucht dem Vorhaben von Black Cat auf die Schliche zu kommen. Bomben rechtzeitig entschärfen oder verschwundene Personen ausfindig machen, ist ebenfalls im Aufgabenkatalog enthalten. Nebenher findet ihr vielleicht noch alte, zurückgelassene Rucksäcke und Sehenswürdigkeiten der riesigen Stadt, die nach einem Foto verlangen.
Wer nach noch mehr Abwechslung giert, darf sich auf ein paar kleine Denkaufgaben freuen. Dieses sind in Minispiele verbaut und fordern beispielsweise die Erneuerung eines Schaltkreises. Ein wenig Kombinieren, Austauschen sowie Drehen und schon ist die Aufgabe erfüllt. Zu schwer wurden die verbauten Aufgaben zumindest nicht ins Geschehen eingebracht.
New York, New York, wir schwingen durch New York
Um euch einen Überblick der optionalen Aufgaben verschaffen zu können, gibt es gut verteilte Überwachungstürme. Sind diese über ein angepasstes Signal geebnet, hüllt sich die Übersichtskarte mit massenhaft Symbolen.
Wer ein besonderes Ziel im Auge hat, kann ggf. die Schnellreise nutzen oder sich in Windeseile zum gewünschten Ort per Netze schwingen oder die Wände entlang krabbeln. Des Weiteren können vorgesehene Gebäude durch Luftschächte zugänglich gemacht werden, die kaum einen Raum verborgen halten. An Freiheit wurde dementsprechend nicht an der falschen Stelle gespart.
Peter, Mary-Jane und Miles
Marvel’s Spider-Man will aber nicht einfach nur ein Heldenabenteuer erzählen, sondern eine packende Geschichte, mit authentischen Nebencharakteren, die so noch nie in einem Spider-Man Spiel vorkamen. Dies gelingt alleine schon durch die Tatsache, dass ihr auch ohne Kostüm die Geschichte fortsetzt. Ferner seid ihr aber nicht nur als Peter Parker unterwegs, sondern übernehmt sogar für kürzere Abschnitte die Rollen von Mary-Jane Watson und Miles Morales. Während MJ mit Peter eine ständige On-Off-Beziehung führt und inzwischen als Reporterin unterwegs ist, hat die Übernahme von Miles für Fans eine ganz besondere Bedeutung. An dieser Stelle möchte ich aber nicht weiter auf Einzelheiten eingehen.
Fernab der Heldentaten, sucht ihr in der Rolle der benannten Charaktere nach Hinweisen zu kleineren Aufklärungsmissionen, oder versucht in Schleichpassagen das eigene Überleben zu sichern. Sozusagen seid ihr eher defensiv unterwegs. Dafür erfahrt ihr aber viel Wissenswertes zum gesamten Spider-Man Universum und der eigentlichen Story, die nicht selten beeindruckt und gelegentlich recht schonungslos ist. Gleichzeitig wird die zwischenmenschliche Note der Haupt- sowie Nebencharaktere immer bedeutsamer.
Allgemein laufen in Marvel’s Spider-Man viele verschiedene Timelines zusammen und Geschichten werden miteinander verstrickt. Dennoch muss man sagen, dass Insomnic Games ihre Hausaufgaben gemacht haben und nicht nur mit Halbwissen glänzen. So macht es richtig Freude, die Story immer weiter zu verfolgen und mit allen drei spielbaren Charakteren, tiefer in die Geschehnisse vorzudringen.
Unter dem Kostüm
Marvel’s Spider-Man möchte nicht nur ein schönes Spiel sein, es ist ein schönes Spiel. Zuallererst springen mir bei der anstehenden Lobeshymne die Charaktermodelle ins Auge. Ob Peter mit seiner Mimik und Gestik, seinen erschrockenen sowie ernsten Blicke, seinen Leberflecken, Poren oder Fältchen – alles ist bis ins kleinste Detail ausgearbeitet. Dasselbe gilt für alle anderen wichtigen Figuren, die Platz in dem Spiel gefunden haben. An Authentizität fehlt es ebenso wenig der Stadt New York, mit all den riesigen Wolkenkratzern, dem hohem Verkehrstaufkommen und den schönen sowie nicht so schönen Ecken. Das hier ordentlich Arbeit hineingeflossen ist, sieht man des Weiteren durch die originalgetreuen Kulissen, die die Stadt so besonders machen, wie beispielsweise das Empire State Building, der weitläufige Central Park oder der von Leuchtreklamen erhellte Times Square. Jede Straße und jeder Gehweg ist mit Leben gefüllt und wird zudem von Spideys Auftreten positiv oder negativ beeinflusst. Das heißt, die Bewohner von New York reagieren auf den schwungvollen Helden. Sie reden ihm gut zu oder Beanstanden seine Taten. Leider muss ich hier dem Spiel aber eine leichte Kritik zukommen lassen, denn einige der Sprüche wurden nicht übersetzt und sind noch immer in englischer Sprache gehalten. Dies stört zwar nicht den Spielfluss, nimmt aber wieder etwas von der sonst sehr guten Atmosphäre weg.
Der Sound lässt hingegen keine Beanstandung zu. Er ist gut inszeniert, passt sich dem jeweiligen Setting an und verbindet viele bekannte Klänge mit dem Spielerlebnis. Natürlich ist ein New York, welches nie schläft, auch mit vielen Umgebungsgeräuschen behaftet. Sirenen von Feuerwehr und Polizei sind dort allgegenwärtig und nur ein kleiner Teil des Ganzen.
Zudem braucht der Teil der Sprachausgabe, der in deutsch gehalten wurde, noch ein paar lobende Worte. Man kennt Spidey ja als Sprücheklopfer und dies wird in dem Videospiel beibehalten. Zwar sind die Dialoge und Monologe nicht immer witzig, es passt aber zu ihm und gibt die Nähe zur Comicvorlage weiter. Des Weiteren schafft es das Spiel, auch traurige Emotionen hervorzulocken und durch den perfekten Einsatz der Sprecher, wirklich eine Geschichte zu erzählen, die als Film hätte verpackt werden können. Angst, Wut und Trauer werden vollends eingefangen und machen jede Cutscene zu einem Erlebnis. Parallel erlebt ihr noch J. Jonah Jameson, der zwar nicht mehr beim Daily Bugle arbeitet, seinen Hass auf Spider-Man aber noch immer nicht abgeworfen hat und dies über einen Radiosender verbreitet. Die Dialoge mit seinen Anrufern richten sich teilweise danach, wie ihr euch in die Welt integriert und ob es euch gelingt, die Verbrechen auf den Straßen von New York zu verhindern.
Steuerung
Die Steuerung braucht ein paar Anlaufphasen. Anfänglich komme ich nicht selten durcheinander, wenn ich mich einfach nur durch Manhattan schwingen will oder Wände hochkrabbeln möchte. Gestützt wird dies manchmal noch durch ungünstige Kameraeinstellungen, die ich manuell nachjustieren muss. Nach einer gewissen Zeit gehen die Schläge, das Einspinnen der Gegner oder das Ausweichen perfekt ineinander über und sorgen für einen fairen Schlagabtausch.
Gelegentlich kommt es meinerseits zwar immer wieder zu falschen Eingaben an Actionen, letztlich ist dies aber so mancher verhängnisvollen Situation und damit einhergehenden Blitzreaktion geschuldet. Damit die Finger aber nicht immer bis auf das Äußerste geschunden werden, sind kleinere Quick-Time Events verbaut, die nur wenig Druck aufgrund einer angemessenen Reaktionszeit aufbauen.