Der Neid eines Konsolenspielers, oder: warum mehr Vielfalt allen gut tut
Es ist eine ziemlich gute Zeit PC-Spieler zu sein. Das sage ich als jemand, der hauptsächlich auf Konsolen unterwegs ist und in den vergangenen Monaten vermehrt neidischen Blickes Richtung PC-Lager geschaut hat. Nein, mich interessiert nicht das Multiplattform-Titel auf dem PC einfach besser aussehen als auf Konsolen. Auch mit den meist von vornherein niedriger angesetzten Verkaufspreisen von Neuveröffentlichungen und den beliebten Sales bei Steam, GoG und Konsorten kann ich als „draufzahlender“ Konsolero leben. Und ich möchte definitiv nicht auf die vielen Exklusivtitel verzichten, die gerade PlayStation und Nintendo Plattformen besitzen.
Wonach es mein Spielerherz allerdings sehnt, ist eine in den letzten Jahren entstandene Sparte von Spielen, die es ohne die leichte Distribution für unabhängige Entwickler und Programm wie Early Access nicht geben würde. Die Rede ist von Spielen wie The Forest, The Long Dark oder jüngst Player’s Uknown Battlegrounds. All diese Spiele finden aktuell nur auf dem PC statt, erfreuen sich einer immensen Beliebtheit und bedienen häufig Spielerlebnisse, die es in dieser Art kaum oder gar nicht auf Konsolen zu finden gibt.
Experimentierfreude durch Unabhängigkeit
Diese neuen, gerne mit den Konventionen und Regeln ihres Genres brechenden Spiele teilen einige Gemeinsamkeiten. Oft werden sie von einem kleinen Team ohne großen Geldgeber im Hintergrund auf die Beine gestellt, häufig haben sie eine starke Multiplayer-Komponente und werden in einem noch frühen Zustand via Early Access der breiten Masse zugänglich gemacht. Dieses Modell stand in der Vergangenheit zwar immer mal wieder in der Kritik, da es zahlende Kunden zu Beta-Testern herabstufen würde. Im besten Falle erhalten beiden Seiten aber einen Mehrwert: Entwickler können ihr Projekt unabhängig von Publishern finanzieren und sich das Feedback von der Community einholen, während Spieler nicht ewig lange auf eine fertige Version warten müssen, sondern direkt einsteigen und an der Fertigstellung durch Rückmeldung an die Entwickler partizipieren können.
Das sich die meisten dieser oftmals experimentierfreudigen Spiele auf dem PC tummeln, hängt natürlich nicht zuletzt mit den einfacheren Entwicklungsprozessen und der digitalen Infrastruktur zusammen. Entwickler, die ihre Spiele auf einer der drei großen Konsolen veröffentlichen wollen, benötigen dafür im Vorfeld spezielle Lizenzen und Development Kits. Das ist gerade für unabhängige Entwickler mit einem geringen finanziellen Spielraum ein Wagnis. Der PC hingegen ist eine offene Plattform, die Veröffentlichung auf Steam und Co. ist vergleichsweise simpel und vor allem kostengünstiger.
Mehr Vielfalt bitte
Spieler, die vornehmlich auf den Konsolen unterwegs sind, verpassen dadurch eine nicht zu unterschätzende Bandbreite, die wesentlich mehr Genres und Nischen abdeckt, als es PlayStation 4, Xbox One und Nintendo Switch wohl jemals gemeinsam könnten. Natürlich könnte ich Titel wie Player’s Uknown Battlegrounds auch einfach auf dem PC spielen. Allerdings müsste ich dafür a) zunächst einen neuen Rechner anschaffen, um das Spiel vernünftig zum laufen zu bekommen, und b) meine sich vornehmlich auf der PlayStation 4 tummelnden Zockerfreunde auf den PC locken, um mit diesen gemeinsam zu spielen.
Also heißt es für mich: warten, hoffen und neidisch sein. Immerhin haben es schon einige der interessanten PC-Spiele der vergangenen Jahre geschafft und den Sprung auf Konsole gemeistert, wie etwa das fantastische Stardew Valley und das asymmetrische Horrorspiel Dead by Daylight. Dennoch würde ich mir etwas mehr von der Vielfalt auf dem PC auf den Konsolen wünschen – und andersherum bitte ebenso!
Denn Exklusivdeals hin oder her, es sollte letztlich der Antrieb aller Entwickler sein ihre Werke so vielen Spielern wie nur möglich zugänglich zu machen und das Medium mit mehr Vielfalt zu bereichern. Das beste Beispiel, wie sich mehr Vielfalt für beide Seiten auszahlt, ist sicherlich das ehemals PlayStation 3 exklusive Taktik-Rollenspiels Valkyria Chronicles, welches Sega im vergangenen Jahr für den PC portiert hat und damit einen beachtlichen Erfolg feiern konnte. Nicht nur zahlte sich die Neuveröffentlichung für den Publisher aus, auch PC-Spieler kamen in den Genuss eines fantastischen Kleinods, das ihnen lange Jahre versperrt gewesen war.