Shin Megami Tensei IV: Apocalypse REVIEW
Während in Japan seit einigen Wochen das lang und heiß ersehnte Persona 5 erworben werden kann, müssen sich westliche Fans noch eine ganze Weile gedulden. Denn erst kürzlich wurde der hiesige Release von Anfang 2017 auf Sommer des selben Jahres verschoben. Während die Verantwortlichen mit der Lokalisation des Titels beschäftigt sind, können europäische Fans aber ein bisschen aufatmen und ihre Zeit in einen anderen Ableger des großen Franchise investieren. Denn dieser Tage ist mit Shin Megami Tensei IV: Apocalypse ein Spin Off der Ursprungsreihe von Persona für den Nintendo 3DS erschienen. Klingt kompliziert? Ist es aber eigentlich nicht. Und beschert Besitzern von Nintendos Handheld ganz nebenbei noch ein richtiges Highlight zum Ende des Jahres.
Eine Fortsetzung? Ein Spin Off?
Als Shin Megami Tensei IV vor rund zwei Jahren mit enormer Verspätung endlich auch in Europa erschienen ist, hat es sich bei mir schnell zu einem der Must Haves für den 3DS gemausert (zum Test geht es hier). Für Rollenspiel Fans gibt es aus meiner Sicht bis heute kaum ein anderes Spiel, welches mit der Qualität von Atlus´ kleiner Perle mithalten kann. Ein schweres Erbe für Shin Megami Tensei IV: Apocalypse. Ein zu schweres?
Jein. Allerdings sollten im Vorfeld einige Begrifflichkeiten geklärt werden, die ansonsten zu Verwirrung führen könnten. Offiziell wird das Spiel nämlich gerne als Fortsetzung beworben, was aber nur die halbe Wahrheit ist. Zwar gibt es mit Nanashi, einem jungen, aufstrebenden Jäger in den Ruinen des postapokalyptischen Tokyo des Jahres 2038, einen neuen Protagonisten. Und auch seine Rahmenhandlung setzt nach einem der möglichen Enden des Hauptspiels an. Allerdings gibt es spielerisch nur wenig Neues zu entdecken und vor allem in Sachen Story und Charaktere kann Apocalypse in keinster Weise mit Shin Megami Tensei IV mithalten, was aber, wie gesagt, ein sowieso sehr schweres Unterfangen ist.
Was also ist Shin Megami Tensei IV: Apocalypse? Ich würde es irgendwo zwischen einem Spin Off und einem Director´s Cut ansiedeln. Die Spielwelt ist die gleiche, das Gameplay ist bekannt, das technische Gerüst das altbewährte und inhaltlich setzt man an etablierten Stellen an.
Die Apokalypse nach der Apokalypse
Gerade Setting, Atmosphäre und Narration sind für mich erneut jene Eckpunkte, die dieses Rollenspiel zu einem besonderen Erlebnis machen. Erneut befinden wir uns in einem postapokalyptischen Tokyo, in welchem ein Krieg zwischen Engeln und Dämonen wütet. Dazwischen steht die Menschheit, die irgendwie versucht, in diesem Chaos zu überleben. Einige von ihnen sind, wie Nanashi und seine Kindheitsfreundin Asahi, Jäger, verbünden sich im Kampf mit Dämonen und sammeln Ressourcen. Wieder andere wüten einfach nur auf den Straßen oder folgen Sektenähnlichen Kulten, die allesamt ihre eigenen Erlösungstheorien haben. Und wieder andere Menschen leben im Königreich Mikado, welches – wortwörtlich – über Japans Hauptstadt schwebt.
Dieses düstere Setting und für japanische Rollenspiele sehr schonungslose Setting hat mich auch beim Spielen von Shin Megami Tensei IV: Apocalypse erneut in seinen Bann gezogen und ist wie auch beim Hauptspiel wieder eine der großen Stärken. Und auch wenn die Story nicht ganz mit dem Hauptspiel mithalten kann, so hat sie mich ebenso wieder gefesselt. Die Entscheidung mit Nanashi und Asahi diesmal auf einen deutlich jüngeren Cast zu setzen finde ich okay, zumal die Charaktere entgegen dem Trend von Japano Rollenspielen eben nicht wie infantile Nervensägen wirken. Und ein Wiedersehen mit den Figuren des Hauptspiels gibt es auch.
Altbewährtes
Shin Megami Tensei IV: Apocalypse hat aber sehr viel mehr gemein mit seinem Vorgänger, als wiederkehrende Charaktere und das bekannte Setting. Viele der Orte, die man als Nanashi besucht, sind bekannt, wobei es aber auch einige neue Dungeons gibt, die sich gut in das Gesamtbild einfügen. Wie gehabt, bewegt man sich entweder in einer technisch noch immer eindrucksvollen 3D Umgebung oder über eine sehr ausladende Weltkarte. Die etwas umständliche Zielführung des Vorgängers wurde nun mit einem Indikator für das Ziel der aktuellen Quest vereinfacht. Trotzdem wird man wieder sehr viel Backtracking in Kauf nehmen, was gerade für Spieler des Hauptspiels ermüdend sein könnte.
Allerdings macht die sehr stimmige Spielmechanik hier wieder viel wett. Einen großen Teil des Spiels nehmen nach wie vor die rundenbasierten Kämpfe ein, in denen Nanashi mit drei zuvor rekrutierten Dämonen gegen andere Unholde antritt. Der Ablauf ist so klassisch, wie es im Genre eigentlich kaum noch gemacht wird und wird gerade alten Hasen imponieren. Trotzdem wirkt das Kampfsystem mit seinen verschiedenen Elementarangriffen, Buffs und der Möglichkeit Schwachstellen der Gegner gezielt auszunutzen nicht altbacken.
Entscheidende Partnerwahl
Das Rekrutieren und letztliche Pflegen des eigenen Dämonenstabs ist für den erfolgreichen Spielausgang elementar. In Kämpfen kann Nanashi versuchen seine Gegenüber auf die eigene Seite zu ziehen, was aber nicht immer einfach ist. Mal wollen die Dämonen ein bisschen Honig um den Mund geschmiert haben, sehr oft wollen sie ein bisschen Geld oder spezielle Items. Mit etwas Glück schließen sie sich dem Spieler an und können fortan im Kampf genutzt werden. Ähnlich wie in Pokémon können sich die Dämonen teilweise weiterentwickeln. Ein sehr viel wichtigeres Werkzeug ist aber die Fusion der Untergebenen zu neuen Kriegern. Nur so kommt man an die wirklich starken Recken, welche es im übrigen zu Hunderten gibt.
Neben Dämonen gesellen sich aber auch menschliche Partner an Nanashi´s Seite. Diese führen automatisch eine Aktion am Ende des eigenen Zuges aus und unterstützen des Spieler etwa mit Buffs, Heilung oder Angriffen auf den Gegner. Allerdings kann man stets nur einen Sidekick an seiner Seite kämpfen haben, entsprechend muss man die Wahl teilweise den jeweiligen Situationen anpassen.
Noch immer ein Hingucker
Obwohl die Engine nun bereits einige Jahre auf dem Buckel hat und mir keine technischen Verbesserungen aufgefallen sind, so sieht Shin Megami Tensei IV: Apocalypse auch für aktuelle Verhältnisse noch richtig Schick aus. Gerade die 3D Areale sind für die Verhältnisse der Hardware doch recht eindrucksvoll, wobei der düstere Stil zuweilen auch etwas trist und monoton wirken kann. Artdesign und die Gestaltung von Figuren und Dämonen sind aber wie gehabt erste Klasse.
Auch bei der Musik gibt es viele wiederkehrende Stücke. Da der Soundtrack des Hauptspiels aber so ziemlich das Beste ist, was ich jemals in einem 3DS Spiel gehört habe, ist das aber nicht weiter schlimm. Eindrucksvoll ist auch, das erneut nahezu alle Dialoge vertont wurden.