Forspoken REVIEW
Das Rollenspiel Forspoken hat in den letzten Wochen für viele verschiedene Meinungen gesorgt. Teils zerrissen, teils hochgelobt war es in vieler Munde. Doch nach der Demo, die auch mich etwas zweifelnd zurückließ, durfte ich doch noch die Reise mit der Vollversion antreten. Nach ein paar variablen Einstellungen auf meiner PlayStation 5 lernte ich Frey kennen, die scheinbar kein Musterleben führte. Es war nicht ihr erster Auftritt vor Gericht. Sie hatte eine Laufbahn eingeschlagen, die sie lieber vermieden hätte. Mit Problemen behaftet und als Waise groß geworden, fristete die junge Dame ihre Tage in New York. Doch das Schicksal hat einen Plan, von dem Frey erst einmal weniger begeistert ist. Aus ihrer brennenden Unterkunft entkommen und ihre Katze Homer in sichere Hände übergeben, findet die junge Frau an ihrem Geburtstag einen goldglänzenden Armreif. Im Kopf schon als Beute verplant, wird sie jedoch urplötzlich in eine andere Welt katapultiert.
Ungewollt zur Superheldin
In Athia angekommen, sind die alten Probleme nahezu vergessen, als sich Gefahren offenbaren, die tödlich sein können. Doch wäre es nur das… Frey bemerkt, dass der mysteriöse Armreif, der nun an ihrem Unterarm klafft, nicht mehr zu lösen ist. Schlimmer aber noch, dieser selbsternannte Armberge kann sprechen und tut dies auch in einer Tour. Sichtlich von der Situation überfordert, setzt die junge Dame erste Schritte in die neue Welt, wo sie nicht sonderlich freundlich empfangen wird. Doch scheint die Ankunft in Athia auch eine Bestimmung zu sein.
Einst ein friedliches Land und von mächtigen Frauen namens Tanta beschützt, ist Unheil über die Welt gekommen. Viele Bewohner mussten ihr Leben lassen und wurden zu Zombie-ähnlichen Gestalten. Frey, die unter den verbliebenen Menschen in dieser fremden Welt als neue Beschützerin gesehen wird, kann sich mit der neuen Rolle noch nicht so ganz anfreunden. Umso mehr aber, dass sie plötzlich magische Kräfte hat und Macht über das Element Erde. Doch erst ein schrecklicher Vorfall lässt sie zu der Heldin werden, die Athia braucht.
Weitläufig
Mit den ersten freien Schritten in der neuen Welt zeigt sich sogleich ein riesiges Areal, das erkundet werden darf. Forspoken lässt euch die Freiheit, auf Reisen zu gehen, ohne sich auf ein klares Ziel zu fixieren. Weitläufige Steppen, leblose Dörfer, Wälder und verfallende Ruinen sind das Augenmerk der Schauplätze. Natürlich könnte man nun Kritik anbringen, doch darf nicht vergessen werden, dass dies eine fremde Welt ist, die vielleicht bewusst so gestaltet wurde. Dennoch bemerke ich nicht selten, dass ich die Orientierung verliere, da sich alles sehr ähnelt. Ohne Kartennavigation und der Hilfestellung des Reifs bin ich komplett aufgeschmissen.
Dafür bieten die Areale viel Spielraum für flotte Manöver und Gegnersmashing. Und hier liegen die Vorzüge des Spiels, denn durch diese Freiheiten könnt ihr jeden Winkel erkunden und so Jagd auf Feinde machen, die anfänglich noch für Schwierigkeiten sorgen. Aufgrund der immer weiteren Zauber, die ihr im Verlauf von Forspoken freischaltet, darf sich kreativ ausgetobt werden. Bevorzugt ihr den Fernkampf und schleudert Steine auf die Kontrahenten, stellt ihr lieber eine Falle auf und schaut zu, wie sie in diese hineinlaufen, oder lasst ihr aus Magie eine Feuerwand errichten – Das Moveset ist enorm.
minimalistische Rollenspielelemente
Forspoken ist nicht das klassische Rollenspiel, das mit einem obligatorischen Level-Up-System um die Ecke kommt. Viel mehr geht es darum, Halsketten und Umhänge zu finden, die erweiterbare Attribute mitbringen. Mit gesammelten Utensilien und einer Werkbank an einem sicheren Ort wird Frey zum Multitalent. Apropos Utensilien: der Fundus kann automatisch eingesammelt werden und erspart damit das ständige Wenden während eines Parcours. Einfach im Optionsmenü unter Barrierefreiheit das automatische Einsammeln von Items zu aktivieren und schon habt ihr noch mehr Spaß beim Durchqueren der Welt.
Der Fokus liegt aber hauptsächlich auf der erweiterbaren Magie. Ein Fertigkeitsbaum darf mit genügend Punkten um weitere Zauber erweitert werden. Das sogenannte Mana wird nicht nur mit einem Sieg über Gegner erschlossen, sondern ist auch überall in der Welt von Athia verteilt. Eine Berührung mit einer Mana-Quelle genügt, um die Anzahl zu erhöhen. Um jene ins Inventar überwechseln zu lassen, bedarf es nicht selten das Ebnen immer neuer Höhen und abgelegener Plätze. Doch lohnt die Suche, da der Skilltree dadurch recht schnell heranwächst und weitere Möglichkeiten freigibt.
Neue Attacken oder die Verstärkung bereits genutzter Angriffe stehen zur Auswahl. Mit jeder besiegten Tanta kommen spezialisierte Fähigkeiten hinzu, die weitere Kampfhandlungen eröffnen. Der Wechsel unter den elementaren Attacken geht via Steuerkreuz und ist daher sehr flott. Dadurch werden die verschiedenen Kämpfe zur regelrechten Kür. Nur die Bossmatches sollten etwas bedachter ausgeführt werden, denn unsterblich ist Frey nicht.
Einladung zum Entdecken
In einigen der Kommentare zum Spiel habe ich gelesen, dass die Story innerhalb von 10 Stunden zu bewältigen sei. Ich habe dies nicht geschafft, was aber dem Umstand geschuldet ist, dass ich die Welt erkunden wollte. Ich öffnete Truhen, konnte mich in Gemäuern vorkämpfen und habe Gegenstände gesammelt, um ferner meine Ausrüstung zu verstärken. Für mich ergibt eine offene Welt keinen Sinn, in der man nur schnell die Story abhandeln möchte.
Zwar kann ich nicht behaupten, dass mich jede Nebenquest gefesselt hat, wie beispielsweise das Fotografieren von Schauplätzen, doch einige Aufgaben abseits der Story haben mich in Athia länger verweilen lassen. Daher die Bitte, lasst euch auf die offene Welt ein und versucht nicht die Hauptstory in einem regelrechten Sprint zu absolvieren. Genießt die Parcours und sucht nach all den Geheimnissen, die Athia in ein besseres Licht rücken.
Mein Reif und ich
Mir ist bewusst, dass die Interaktionen mit dem magischen Armreif nicht allen zusagen wird. Ich finde jedoch die Dialoge in Englisch wie Deutsch sehr amüsant und durchaus gelungen. Das freche Mundwerk der Hauptprotagonistin ist einfach erfrischend anders. Ihre schnippischen Antworten auf einige Fragen des Reifs sind humorvoll und verlangen nach mehr. Leider wiederholen sich die kurzen, spontanen Dialoge ständig, was das Gesamtbild etwas abschwächt. Dennoch, die Stimmen sind in der deutschen sowie englischen Fassung gut gewählt und die Betonung großartig getroffen.
Auf deutsche Begleittexte muss ebenso wenig verzichtet werden. Hinzu kommt, dass die Größe, der Hintergrund und die Sprecheranzeige je nach Wunsch eingestellt werden können.
Untermalt wird die Reise mit vielfältigen Klängen. Der Publisher Square Enix hat schon immer verstanden, Rollenspiele akustisch gut in Szene zu setzen. Bedrohliche Situationen können schnell ausgemacht werden und harmonische Klänge lassen die friedlichen Seiten des Spiels in den Mittelpunkt rücken.
Technik
Forspoken sollte neue Standards setzen. Aus meiner Sicht kann ich dies leider nicht teilen. Es ist grafisch grundsolide, doch mehr auch nicht. Die NPCs wirken recht steril und Frey hat auch nicht mit jeder Mimik einen Applaus verdient. Die alten Standards wurden beibehalten und nicht durch neue ersetzt. Dennoch, dazugelernt hat Square Enix. In Sachen Bildqualität kann zwischen Qualitätsmodus, Performancemodus und Ray-Tracing-Modus gewählt werden. Die Empfehlung liegt dabei klar auf den Performancemodus.
Die Umgebung kennzeichnet sich durch ein klares Bild. Es gibt keine großartigen Bereiche, die mir ein Staunen ins Gesicht zaubern. Dies liegt aber auch daran, dass sich die Bereiche optisch ständig wiederholen. Highlights sucht man bedauerlicherweise vergeblich.
Gegenüber der Demo hat sich technisch jedoch noch einiges getan. Framedrops habe ich kaum noch gesichtet, ganz gleich, wie viele Gegner auf mich zukommen und sich in einen Kampf verwickeln möchten. Das flüssige Kampfgeschehen wird aber zu oft von der Story unterbrochen. Ständig muss ich mir Sequenzen und Dialoge anschauen, die sich ziehen oder ich bekomme den nächsten Tipp auf dem Bildschirm präsentiert. Selbst die Übergänge von Cutscenes zu den spielbaren Bereichen ziehen sich wie ein Gummiband. Das hätte etwas flüssiger gestaltet werden können.
Pro & Kontra
- Gute Sprachausgabe und witzige Dialoge
- Riesige freibegehbare Welt
- Viele unterschiedliche Angriffe möglich
- Hauptprotagonistin die im Kopf bleibt
- Durchschnittliche Grafik
- Welt in vielen Abschnitten ähnlich
- Einfallslose Monster
- Hauptstory recht kurz gehalten