Fire Emblem Engage REVIEW

Ich liebe Fire Emblem, aber in den letzten Jahren hat mich die Reihe zusehends verloren. Vor allem das vielerorts hochgelobte – und objektiv natürlich auch wirklich gute – Fire Emblem Three Houses und sein aufgeplusterter Überbau inklusive der Redseligkeit sind dafür verantwortlich. Drei Durchläufe, wobei jeder durchaus an die 50, 60 Stunden gehen kann, ein Cast mit mehreren Dutzend Figuren ohne Tiefgang und belangloses Persona-Schulsystem-in-mittelmäßig? Nein danke. Als hätte Entwickler Intelligent Systems meine Gedanken gelesen, legt das Studio hinter der Traditionsreihe mit Fire Emblem Engange nun das Gegenstück zu Three Houses vor und entschlackt die Auswüchse des Vorgängers. Gut so!

Weniger ist mehr. Viel mehr!


Am Ende des Tages erwarte ich eigentlich nur eines von Nintendos langlebiger Strategie-Rollenspiel-Reihe: motivierende Kämpfe mit Tiefgang und vielen strategischen Möglichkeiten. Und genau das bekomme ich im neuen Serienteil auch geboten. Das Spiel besinnt sich bemerkenswert gut auf die Stärken der Reihe und kommt schnell zum Punkt, ohne mich in ellenlange Redeorgien zu verwickeln. Bitte nicht falsch verstehen: ich mag narrative Games und habe auch per se nichts gegen lange Cutscenes. Aber nach zig beendeten Spielen der Reihe auf Game Boy Advance, Gamecube, Nintendo DS, Nintendo 3DS und Nintendo Switch weiß ich mittlerweile, dass das Erzählen von Geschichten, die mir etwas geben, nicht zu den Stärken der Serie gehört. Früher habe ich mir das teilweise noch ganz gerne angesehen und angehört, aber mittlerweile bin ich an den Punkt, an dem ich Zwischensequenzen auch überspringe.

Auch im Falle von Engage habe ich nie das Gefühl gehabt, etwas zu verpassen, wenn ich mich durch die (zum Glück nicht mehr ganz so langen) Dialoge durchklicke. Der Aufbau ist bekannt, die Figuren ähnlich angelegt wie in den Teilen zuvor. Dafür ist mir der Cast diesmal wesentlich sympathischer, allen voran hat man mit dem spielbaren Protagonisten bzw. der spielbaren Protagonistin (Name und Geschlecht legt man zu Beginn selbst fest) endlich mal eine erträgliche Hauptfigur gefunden, die sich in die Geschichte einbringt und nicht einfach wortlos an der Geschichte teilnimmt.

Die Story selbst…okay. Ich mache es kurz: mehrere Tausend Jahre sind vergangen, seit unsere Hauptfigur den Dämonendrachen verbannt hat. Dieser wird nun aber wiedererweckt und – oh Wunder – auch der Held/die Heldin wacht aus dem Schlaf auf und muss sich erneut dem Bösen stellen. Es entspinnt sich die Fire Emblem typische Handlung um mächtige Götterdrachen, neuen Verbündeten sowie Twists und Wendungen. Ich verstehe schon, warum man das unterhaltsam finden kann, ich habe es ja früher auch gemocht. Aber die Zeiten sind eben vorbei. Wie aber gesagt, empfinde ich die Figuren hier wesentlich erträglicher als in anderen der neueren Spiele. Das mag der Tatsache geschuldet sein, dass die Entwickler die Fan-Service-Keule schwingen.

Fire Emblem springt auf dem Legacy-Zug auf


Damit meine ich nicht die gewohnt aufreizend bekleideten Damen, sondern das Zurückholen von bekannten und beliebten Figuren vergangener Teile. Lyn aus Fire Emblem (GameBoy Advance), Marth (Fire Emblem: Shadow Dragon), Lucina (Fire Emblem Awakening) und andere Fanlieblinge lassen sich mithilfe von Ringen als Seelen/Geister inklusive mächtiger Fähigkeiten in den Kämpfen beschwören. Darüber hinaus sind die Altgedienten auch Teil der Handlung. Warum Figuren aus, wenn man in der Logik der Reihe bleibt, anderen Welten und Zeiten in Fire Emblem Engage auftauchen wird zwar erklärt (wobei erklärt hier wirklich in großen Anführungszeichen geschrieben sein sollte).Aber wirklich hinterfragen und auf eine rationale Erklärung hoffen, braucht man nicht.

In den Kämpfen jedenfalls sorgen die zu beschwörenden Figuren für neue taktische Finessen. Jede Legacy-Figur kann mittels Ring einer der neuen Figuren zugeordnet werden. Alleine durch das Tragen eines Ringes erhält der Träger/die Trägerin passive Boni und Skills, die alleine schon ziemlich mächtig und nützlich sind. Zusätzlich kann man auch das „Bündnis“ aktivieren und dadurch mächtige Angriffe verwenden. Nach Benutzung haben die Bündnisse jedoch eine Abkühlphase, können also nicht allzu häufig benutzt werden. Dadurch beginnt man mehr als zuvor abzuwägen: bewahre ich die Fähigkeiten sicherheitshalber bis zum Boss des Levels? Nutze ich sie schon vorher, gehe damit aber die Gefahr ein, in einer brenzligen Situation ohne möglichen Rettungsanker dazustehen?

Befriedigendes Mikromanagement und packende Kämpfe


Das ist genauso spannend wie das nach wie vor grandios funktionierende Fundament, auf dem die Reihe seit jeher gebaut ist – Stichwort Weapon Triangle. Pfeil und Bogen sind mächtig gegen fliegende Gegner, das Schwert besonders stark gegen Gegner mit Äxten, die Axt wiederum ist im Vorteil gegenüber Lanzenträger usw. Erneut gibt es wieder zig Klassen und viel Spielraum, wie man den eigenen Trupp individualisieren und mit neuen Waffen und Fertigkeiten versehen kann. Elementar ist wie gehabt die Weiterentwicklung zu neuen Klassen, welche bessere Statusboni, Schaden und Energie freischalten.

Das Mikromanagement ist ein wichtiger Bestandteil, entsprechend Lust sollte man auf das immer wieder neu sortieren des aktiven Kampftrumpfs, das Training einzelner Figuren, Beschaffen neuer Waffen und Fertigkeiten haben. Hier und da kann das Spiel einem zwar Entscheidungen per Knopfdruck abnehmen, indem man etwa das System die möglichst beste Ausstattung einer Figur festlegen lässt. Ganz ohne Vertiefung in die Systeme geht es aber eben auch nicht.

Einige dieser Systeme sind erneut nicht in Menüs, sondern als Gameplay-Komponente arrangiert. Im Hub der Spielwelt kann man im Restaurant mit seinen Kameraden einen Schwatz halten und Essen (dadurch bekommt man diverse Boni für die gewählten Figuren für den nächsten Kampf). Man kann im Gym Knöpfchen hämmern und dadurch Statuswerte dauerhaft verbessern. Man kann mit Figuren sprechen, um die Beziehung zu vertiefen und so Boni für die Kämpfe erhalten. Und man kann in der Arena Figuren in Trainingskämpfen leveln.

Ein großer Schritt nach vorne


Abgesehen von dem zweifelhaften Design der Hauptfigur (blau-rote Augen und Haare, wtf?) gefällt mir die visuelle Ausgestaltung sehr gut. Insbesondere die Spielwelt mit ihren verschiedenen Ländern und Settings wirkt um einiges lebendiger und glaubhafter als noch die recht statischen und in einem nicht gerade ansprechenden Braunton dargestellte Welt von Three Houses. Die Kämpfe, die Animationen und das dazugehörige Klangdesign sind gewohnt schön anzusehen.

Das wichtigste aber: die Framerate ist endlich stabil. Auch während der intensivsten Kämpfe und den größten Szenen werden die angepeilten 30 Bilder pro Sekunde gehalten. Vor allem im Handheld-Modus ist die Bildqualität knackig und auch auf dem großen Fernseher sieht das Spiel um einiges besser aus als der Vorgänger.

Pro & Kontra

thumbs-up-icon

Pros
  • flottes, sich auf seine Stärken besinnendes Gameplay
  • tiefgehendes Kampfsystem
  • Legacy-Figuren bringen frischen Wind ins Kampfsystem
  • audiovisuell gelungene Präsentation
  • sympathischer Cast

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Cons
  • recht belanglose Geschichte

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Spiel Bewertung
Singleplayer
84
84
Gut
-
Multiplayer

FAZIT

Fire Emblem Engage besinnt sich zum zu meinem Glück auf die Stärken der Serie und stellt das taktische Gameplay wieder in den Vordergrund. Im Vergleich zum aufgeblähten Vorgänger Three Houses, mag das sich etwas zurücknehmende Engage auf dem ersten Blick wie ein Rückschritt wirken, aber es ist tatsächlich das ideale Fallbeispiel dafür, dass weniger viel mehr sein kann. Fire Emblem Engage bietet ein angenehm kompaktes, unterhaltsames und herausforderndes Spielerlebnis und hält sein hohes Niveau fast durchgängig für 40 Stunden aufrecht. Vor allem das Element der Legacy-Figuren sorgt für frischen Wind in den Kämpfen und bietet noch einmal eine neue Stufe an Tiefgang.

- Von  Adrian

Fire Emblem Engage nimmt sich etwas zurück und besinnt sich gleichzeitig auf die Stärken der Reihe.
Nintendo Switch

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