Vane REVIEW

In der Fülle an Veröffentlichungen, die mittlerweile wöchentlich über PC und Konsolen hereinbrechen, bleibt es nicht aus, das viele eigentlich interessante Spiele unter dem Radar verschwinden. Dies wäre mir wohl auch mit Vane passiert, hätte mich Gamecontrast-Chefredakteurin Rena nicht vor einigen Wochen mit den Worten „Wäre das nichts für dich?“ auf das Spiel aufmerksam gemacht. Nachdem ich mir den Rat folgend einen Trailer zum Erstlingswerk des unabhängigen Studios Friend & Foe angesehen habe, war ich sofort Feuer und Flamme, kamen angesichts der Bewegtbilder doch wohlige Erinnerungen an die Spiele von Fumito Ueda (The Last Guardian, ICO) hoch. Kann Vane diesen Vorbildern gerecht werden?

Ein Kind. Ein Rabe. Eine Reise. Viele Fragen.

Keine Dialoge. Keine Narration. Kein Tutorial. Keine Hilfestellungen. Die Entwickler von Vane sind scheinbar große Anhänger der minimalistischen Idee. Und offenbar mögen sie auch Risiken und gehen diese selbst auf die Gefahr hin ein, ihre Spieler vor den Kopf zu stoßen. Immer wieder habe ich mich gefragt, was mir diese eigenwillige Reise eigentlich erzählen will. Immer wieder gab es Situationen, in denen ich nicht wusste, was ich tun muss, um weiterzukommen. Stellenweise war ich so frustriert, dass mir die Lust am weiterspielen vergangen ist. Und dann hat es irgendwann Klick gemacht.

Im spielbaren Intro übernimmt man die Kontrolle eines Kindes, welches einen goldenen Gegenstand umklammert hält. Es ist eine stürmische Nacht. Der Regen peitscht auf den Boden, das wenige Licht wird von aufflackernden Blitzen gespendet. In der Ferne sind riesige und zugleich unnatürlich schmale Gestalten sichtbar, deren Körper komplett schwarz sind und die mit ihren Pestmasken ähnlichen Vermummungen unheimlich wirken. Ehe ich mir überhaupt den Bruchteil eines Reimes auf das Geschehen machen kann, ist auch schon alles vorbei. Schnitt, Szenenwechsel. Körperwechsel. Plötzlich steuert man nicht mehr ein Kind, sondern einen Raben. Die dunkle Nacht wird vom hellen Tag abgelöst und die dunkle Umgebung wurde gegen eine riesige Wüste eingetauscht. Und jetzt?

Gestaltwandler

Fortan erkundet man zunächst einmal die ausgestorbene Wüste. Eine Erklärung, was zu tun ist, gibt es nicht. Stattdessen ist man auf sich allein gestellt und muss selbst den weiteren Weg ausfindig machen. Und so flog ich erst einmal eine ganze Weile durch die Wüste, suchte unter Schluchten nach Hinweisen, umkreiste Ruinen, ohne wirklich schlauer zu werden. Keine Spur von anderem Leben, keine Spur eines Hinweises – bis ich am Horizont eine Reflektion sah. Als ich mich näherte, sah ich weitere Raben, die einen metallenen Gegenstand umkreisten, der stark an eine Wetterfahne erinnert und zu besseren Zeiten wohl auch einmal einem entsprechenden Zweck gehabt hatte. Nach kurzer Bemusterung der Szene, setzte ich meinen Raben auf der Wetterfahne ab und sah nach einer halben Stunde Spielzeit zum ersten Mal eine Einblendung: den Triangel-Knopf des PlayStation 4 Controllers. Wird dieser gedrückt, krächzt der Rabe kurz auf und ruft Seinesgleichen zu sich, die sich in meinem Fall auf die Stange setzten und sie so umkippten, nur um anschließend davonzufliegen.

Auf diese Art vermittelt Vane seine wenigen Mechaniken und Interaktionspunkte. Die Möglichkeiten, die man als Spieler in Gestalt des Raben (und später auch wieder als Kind) hat, sind limitiert, ebenso, wie die Möglichkeiten, mit der Welt zu interagieren. Kurz nach meiner ersten Begegnung mit den anderen Raben, machte ich mich auf, um weitere gefiederte Gefährten zu suchen und fand diese auch in einer Höhle. Und erneut geschah etwas, was das Spiel nie richtig erklärt. Immer wieder findet man nämlich eine goldene Substanz, von der ich auch nach dem Durchspielen noch nicht so genau weiß, was sie eigentlich ist. Was sie macht ist, den Raben wieder in ein Kind zu verwandeln. Als Kind läuft und hüpft man durch die enger abgesteckten Areale und löst ebenfalls Rätsel auf. Die Möglichkeiten unterscheiden sich dabei nicht wirklich. Auch als Kind kann man rufen, mit der Kreis-Taste kann man zusätzlich Gegenstände ziehen und so etwa auch Schalter umlegen. Vom Anspruch her, sind die Aufgaben ziemlich banal, gerade im zweiten Drittel gibt es aber durchaus den ein oder anderen Aha-Moment und ein paar schön umgesetzte Ideen, die mich wiederum stark an Journey erinnert haben.

Wenn die Technik im Weg steht

Leider steht die Technik dem Spielerlebnis viel zu häufig im Weg. Immer wieder hatte ich Clipping-Fehler, immer wieder ist meine Spielfigur an Objekten hängen geblieben oder durch den Boden gefallen.Die Kamera bereitete mir gar sprichwörtliche Kopfschmerzen. Mal positioniert sie sich nicht richtig, nachdem ich durch eine Tür gegangen bin, mal bleibt die Kamera ganz in der Umgebung hängen. Als enorm störend empfand ich die Perspektive beim fliegen. Sobald man nämlich das Tempo anzieht, fährt die Kamera ganz nah an den Raben, was nicht zuletzt mit der schwankenden Framerate ziemlich unangenehm ist. Ausgerechnet im Finale summieren sich die Bugs dann noch einmal auf ein Maximum. Kurzum: Vane ist nicht fertig poliert.

Und das ist bedauerlich. Denn diese spirituelle Reise hat etwas, das mich anspricht. Nicht zuletzt audiovisuell werden eindrucksvolle Akzente gesetzt. Das melancholische Weltendesign ist auf seine ganz eigene Art wunderschön, vor allem architektonisch ist das Spiel stellenweise herausragend. Selbiges gilt für das sehr zurückgenommene Sounddesign. Oftmals hört man nicht mehr, als den Flügelschlag des Raben oder die Luft, die vom schnellen Flug durchschnitten wird. Der Einsatz der erstaunlich elektrolastigen Musik ist spärlich, wirkt dafür aber umso imposanter und hebt die Szenerie in fast schon surreale Gefilde.

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