Jim Power The Lost Dimension in 3-D REVIEW

„Jim Power in Mutant Planet“ war 1992 ein wichtiger Titel für den französischen Entwickler Loriciel. Das Spiel wurde damals auf allen gängigen Heimcomputern veröffentlicht. Allen voran stand natürlich der Amiga, auf dem das Spiel seinen Einstand feierte. Sogar die obskure Konsole TurboGrafx-CD wurde 1993 bedient. Ebenfalls 1993 erschien dann auch eine art Neuinterpretation des Stoffes, welche den Untertitel „The Lost Dimension in 3-D“ verpasst bekam. Diese Version hat neben den Run & Gun- sowie Shmup-Levels noch ein paar zusätzliche Stages spendiert bekommen, die aus der Vogelperspektive gespielt werden. Jim Power The Lost Dimension in 3-D erschien für den SNES, PC-DOS und PC-Windows.

Wie der Untertitel bereits suggeriert bietet das Spiel ein 3D-Gimmick. Das eigentliche Spiel ist eine reine 2D-Angelegenheit, allerdings wurde eine 3D-Brille beigelegt, die mittels Pulfrich-Effekt eine Art 3D-Wirkung erzeugt, was natürlich als großes Werbegimmick verwendet wurde. Geholfen hat diese Maßnahme jedoch nicht, denn das Spiel bekam nur mäßige Wertungen von der Fachpresse und wird dieser Tage als Obskurität angesehen, die vor allem aufgrund ihres diabolischen Schwierigkeitsgrades ziemlich negativ auffällt und entsprechend verrissen wird – da kann auch der erstklassige Soundtrack von Chris Hülsbeck nichts dran ändern.

Trotz dessen wurde das Spiel am 30. September 2015 von Piko Entertainment auf Steam wiederveröffentlicht, wo man es sich für 4,99 Euro kaufen kann. Das Steam-Paket beinhaltet dabei die SNES-, die DOS-, sowie eine brandneue „Enhanced“-Version, die auf der SNES-Version fußt. Gespielt habe ich hauptsächlich die Enhanced-Version, da Piko einen überraschend guten Job geleistet hat den höllischen Schwierigkeitsgrad auf ein vernünftiges Maß zu drosseln. Die originale SNES-Version habe ich mir jedoch auch gegeben. Und auch mit der DOS-Version habe ich mich etwas befasst, obwohl diese keinen Controller-Support bietet.
Was dieses berüchtigte Retro-Action-Game so alles zu bieten hat, will ich euch im folgenden Review aufzeigen.

Eine einzige Storyline ist nicht genug für Jim fucking Power!!!

Wenn die Leute über Jim Power meckern, dann liegt das hauptsächlich am Parallax-Scrolling und dem Schwierigkeitsgrad. Dabei kann man auch prima über den Bereich Handlung stänkern. Das Problem ist nämlich, dass Jim Power in der „The Lost Dimension in 3-D“-Version über zwei verschiedene Stories verfügt. Da wäre einmal diejenige, die auf der Spielverpackung und im Handbuch präsentiert wird, und dann noch die, welche im Textabspann des eigentlichen Spiels offenbart wird.

Handbuch und Verpackung erzählen von einem fiesen Alien namens Vaprak, der die verlorene fünfte Dimension freisetzen will, wo er und Billionen seiner Artgenossen auf die Eroberung unserer eigenen Dimension lauern. Ferner verströmt Vapraks Dimension einen gefährlichen Effekt, der jegliche biologische Lebensform in einen fiesen Mutanten verwandelt. Der Raumzeit-Riss, der in diese Dimension führt wird jedoch von der Erde blockiert, also führt Vaprak Krieg gegen die Menschheit, den er auch zu gewinnen scheint. Letzte Hoffnung ist der Spezial-Agent Jim Power, der in Vapraks verlorene Dimension verfrachtet wird, wo er als unauffällige Ein-Mann-Armee zahlreiche Alien- und Mutanten-Hintern zerlasern soll, um sich schlussendlich Vaprak persönlich entgegenzustellen.

Hat man sich die Mühe gemacht das Game durchzuzocken entblößt sich im Textabspann jedoch folgender Sachverhalt: Dort wird nämlich enthüllt, dass Jim in Wirklichkeit ein Gefangener in einer VR-Simulation war und eben diese durchspielen musste, um seine Freiheit zurückzuerlangen … Was genau davon denn nun die eigentliche Handlung des Spiels darstellen soll kann ich euch nicht sagen. Ich habe hier nur Fakten zusammengetragen. Apropos Fakten: Wusstet ihr, dass die ursprüngliche „Mutant Planet“-Variante wiederum eine eigene Story bietet? Da gehts um die typische Maid in Not-Nummer, aber ich will euch jetzt nicht weiter verwirren, denn im Endeffekt dient jede Handlungsvariante lediglich dazu das Gehüpfe und Geballer zu rechtfertigen und hat im eigentlichen Spiel kaum Relevanz. Aber das war zur damaligen Zeit ja ohnehin gang und gäbe. Man kann aber zumindest erwarten, dass sich Programmierer und Storywriter untereinander absprechen, so dass keine oben geschilderten Pannen geschehen.

Schwer, schwerer, Jim Power

Jim Power The Lost Dimension in 3-D ist ein Action-Genre-Mix, der sieben reguläre Level (werden hier „Part“ genannt) und fünf Bossstages zu bieten hat. Das Spiel umfasst insgesamt 3 Run & Gun-Level mit Platforming-Elementen, 2 generische Shmup-Stages und 2 Top-Down-Level. Im ersten Top-Down-Level muss man eine Art Irrgarten navigieren, wo es darum geht Hindernissen auszuweichen, ein paar wenige Gegner abzuschießen und Schlüssel in der richtigen Reihenfolge einzusammeln. Für Letzteres steht eine Levelkarte zur Verfügung, die man per Select-Taste aufrufen kann. Diese ist unabdingbar, denn wenn man die verschlossenen Tore in falscher Reihenfolge aufschließt, landet man in einer permanenten Sackgasse und muss warten bis das Zeitlimit abgelaufen ist – mit gutem Gamedesign hat sowas echt nichts mehr zu tun. Der zweite Top-Down-Level (Part 5) ist hingegen wie eine Art Rennspiel aufgebaut. Hier hat man ein besonders straffes Zeitlimit und bugsiert das „Gyro Cycle,“ eine Art Hoverbike, an diversen Hindernissen vorbei bis ins Ziel. Die Bossgegner werden in Shmup-Manier bekämpft, allerdings flitzt Jim bei diesen mit einem Jet-Pack herum, womit er eine wesentlich größere Zielscheibe darstellt als in seinem „Uni-Jet,“ den er in den regulären Shmup-Stages verwendet. Den finalen Bosskampf muss Jim jedoch zu Fuß bewältigen. Jede Spielvariante lässt sich übrigens überraschend gut und relativ flüssig steuern.

Abseits der Bossstages kann man in jedem Level Gegenstände und Power Ups einsammeln, die einem das Leben leichter machen sollen. So gibt es Verbesserungen für Jims Laserpistole, die deren Streuung und Durchschlagskraft erweitern, Extraleben, zusätzliche Smartbomben (die sind leider nicht so druchschlagskräftig und Bildschirm-füllend wie erhofft), ein Power-Up um das straffe Zeitlimit zu resetten, die bereits erwähnten Schlüssel, die übrigens auch in den Run & Gun-Levels absolute Sammel-Pflicht darstellen und diversen Krimskrams sowie Edelsteine, welche nur dazu dienen das überflüssige Punktekonto nach oben zu drücken. Es gibt zwar eine Highscore-Liste im Spiel, in die man nach Spielende seine Initialen reinsetzen darf, allerdings keine Batterie, welche den Highscore dauerhaft festhalten könnte.

Ferner bietet das Optionsmenü drei Schwierigkeitsgrade, die jedoch lediglich die Anzahl der Continues festlegen. Auf Leicht (Easy) bekommt man drei Continues und auf Schwer (Hard) eben nur noch eins. Abgesehen davon ändern die Grade jedoch nichts. Außerdem erlaubt es ein Continue lediglich an den Anfang des zuletzt besuchten Level zurückzukehren. Da es jedoch bereits eine ernste Herausforderung darstellt auch nur den ersten Level zu überstehen, ist es fraglich, ob die Continues für einen regulären Spieler überhaupt irgendeine Relevanz erfüllen werden.

Das gilt zumindest für die SNES-Version. Hat man sich auch mal ne andere Version von Jim Power zu Gemüte geführt (Steam hilft), wird man schnell feststellen, dass das Spiel eigentlich gar nicht so schlimm ist. Nur bei der SNES-Version hat man es halt maßlos übertrieben. Das fängt schon bei der Spielgeschwindigkeit an. Sowohl die beweglichen Platformen, als auch die Gegner und Hindernisse bewegen sich auf dem SNES mit doppelter Geschwindigkeit, als etwa in der DOS-Version. Dies sorgt natürlich dafür, dass man sich nur langsam vorrantasten sollte, damit man nicht unverhofft von den blitzschnellen Gegnern überrumpelt und getötet wird. Aber selbst bei vorsichtigem Vorgehen, gibt es viele Situationen bei denen man schlicht und einfach nicht schnell genug reagieren kann, um den Verlust eines Lebens zu vermeiden. Auch die Abschnitte mit beweglichen Platformen werden durch dieses Problem unnötig erschwert. Von den Shmup-Stages ganz zu schweigen. Des Weiteren kommt hinzu, dass man bei der SNES-Version die Lebenspunkte und Passwörter ersatzlos gestrichen hat. Ja, richtig gelesen: Es gibt auch vernünftige Versionen von „The Lost Dimension in 3-D“ welche derartige Features anbieten. Die SNES-Version gehört leider nicht dazu.

Hat man eines der drei Extraleben verloren, wird man zum letzten, unsichtbaren Checkpoint zurückgesetzt. Checkpoints sind, Gott sei dank, sehr großzügig gesetzt, so dass man in der Regel nur zwei, drei virtuelle Meter zurückteleportiert wird und die verlorene Wegstrecke dank temporärer Unverwundbarkeit leicht wieder einholen, und oftmals sogar noch ein Stück weiter vordringen kann. Das ist aber nur eine kleine Hilfe, die auch nicht verhindert, dass man sich einen abbrechen muss, wenn man auch nur den ersten richtigen Bossgegner zu Gesicht bekommen will. Denn als ob das Spiel nicht so schon schwer genug wäre, gilt es in den Sidescroll-Stages nämlich auch noch Zwischenbosse zu bezwingen. Und anders als in der DOS-Version ist die SNES-version nicht so höflich nen Lebensenergiebalken für die Zwischen- und Endbosse anzuzeigen.

Ich kann euch nur empfehlen Piko Entertainments Steam-exklusive Enhanced-Version zu Jim Power zu spielen, welche auf der SNES-Version basiert und zumindest die gröbsten Mängel beseitigt. Hier wird das zu schnelle Parallax-Scrolling auf ein vernünftiges Maß gedrosselt und Lebenspunkte eingeführt, die jedoch wie zusätzliche Extraleben funktionieren. Man hat hier quasi das Dreifache der Extraleben zur Verfügung. Auch die Continues wurden auf 5 Stück angehoben (zumindest auf Easy). Diese paar Änderungen sind bereits ausreichend, um die kaputte SNES-Version zu reparieren und spielbar zu machen. Denn während für mich in der regulären SNES-version bereits bei Level 3 schluss war, konnte ich die Enhanced-Version komplett durchspielen.

Grafik und Sound

Der Amiga-Ursprung von Jim Power lässt sich auch in der „The Lost Dimension in 3-D“-Version leicht erkennen. Amiga-Ports haben einen relativ speziellen Look der nicht jedem gefallen muss. Das soll nicht heißen, dass diese Spiele schlecht aussehen, aber im Vergleich zum verspielten Grafik-Charme eines reinen SNES-Spiels, wirken sie halt oftmals recht kalt. Das lässt sich vor allem an den Animationen erkennen, die auch in Jim Power sehr statisch anmuten und das Verständnis für die Möglichkeiten des SNES vermissen lassen. Gelingt es darüber hinwegzusehen, gefällt Jim Power jedoch mit einer angenehm farbenfrohen Farbpalette, mit der es stellenweise jedoch auch übertrieben wird. Vor allem in den beiden Shmup-Levels ist es oftmals verdammt schwer Hintergrundgrafiken und tödliche Wände auseinanderzuhalten – nicht gut!

Die beiden Top-Down-Level arbeiten mit dem Mode 7-Effekt, der hier jedoch eher banal gehandhabt wird. Man kann Mode 7 für Jim Power also nicht wirklich als Pro-Argument werten.

Und dann ist da natürlich noch das berüchtigte Parallax-Scrolling, welches derart schnell scrollt, dass es bei vielen Spielern Übelkeit verursacht. Ich selbst hatte nach einer kurzen Eingewöhnungsphase ehrlich gesagt kein großes Problem mit der Prallax-Scrollgeschwindigkeit, aber wenn es sogar Leute gibt, die behaupten, dass dieses Problem bei ihrem Kind einen Anfall verursacht hat, kann man diesen Punkt einfach nicht mehr schönreden. Das groß angepriesene 3D-Gimmick konnte ich mangels entsprechender Brille übrigens nicht ausprobieren und somit auch nichts weiter dazu sagen.

Kurios: Wer sich auskennt, dürfte einige Gegnermodelle wiedererkennen. Einige Gegner der Shmup-Stages wecken starke Erinnerungen an Super R-Type, und im letzten Level erwartet euch ein Firebrand-Verschnitt. Abgesehen davon wurden einige Gegnertypen auch absolut beliebig reingeklatscht. Ich mein, wieso muss man im ersten Level gegen Typen kämpfen, die spartanische Rüstungen tragen?

Dicke Pluspunkte können jedoch beim Soundtrack gesammelt werden. Loriciel hat es seinerzeit irgendwie geschafft an die Telefonnummer von Chris Hülsbeck zu gelangen und diesen damit beauftragt einen OST zu kreieren, der an die Seele von Turrican anknüpft. Chris hat sich nicht lumpen lassen und sein Bestes für Jim Power gegeben. Herausgekommen ist einer der schönsten Soundtracks von Hülsbeck und allgemein das Beste was das Videospiel Jim Power zu bieten hat. Es macht sauviel Spaß dem OST im Spiel zu lauschen. Der Soundtrack hat definitiv sehr viel dazu beigetragen, dass ich immer wieder mal ne Runde mit Jim Power gedreht habe und letztendlich mehr Zeit mit dem Spiel verbracht habe, als es verdient gehabt hätte.

Auch die Soundeffekte sind gefällig. Besonders gut gefallen mir die „1Up“ und „Time“ Sprachsamples, die eingespielt werden, wenn man ein entsprechendes Power Up aufsammelt. Aber auch die regulären Sounds beim ballern oder sammeln von Gegenständen können überzeugen. Somit kann das Spiel also zumindest in akustischer Hinsicht gefallen.

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Spiel Bewertung
Singleplayer
65
65
-
Multiplayer

FAZIT

Wenn es etwas gibt, was ich von Jim Power gelernt habe, dann die Tatsache, dass sowohl Konvertierungen als auch simpelste Eingriffe in ein und dasselbe Spiel einen gewaltigen Unterschied machen können. Während die SNES-Version aufgrund unnötiger Maßnahmen unspielbar schwer gemacht wurde, waren die DOS- oder Pikos Enhanced-Version recht unterhaltsam und spaßig. Dementsprechend kann ich euch das Steam-Paket, welches neben der SNES-Fassung auch noch die DOS- und Enhanced-Version zur Verfügung stellt durchaus ans Herz legen. Vom reinen SNES-Modul lasst ihr aber besser die Finger, denn dieses wird euch nur Kummer bescheren und rückt den eigentlich soliden Actionhelden Jim Power nur in ein schlechtes Licht.

- Von  Volker

MS Windows
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